Seite:Uber den Einfluss des Korsetts auf die somatischen VerhaltnissPage11.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Turmes zu Pisa herabhängen ließe. Die Eingeweide werden nun nicht mehr eines auf dem anderen aufruhen, das unterste auf dem knöchernen Becken, sondern zum Teile bloß auf der weichen Bauchwand. So lange deren jugendliche Elastizität noch vorhanden ist, hat das relativ wenig Belang. Hat aber die Kon­traktilität der Muskulatur durch Geburten oder durch starke Fetteinlagerung gelitten, hat der Fettüberzug der Därme und somit ihr spezifisches Gewicht zu-, ihre Beweglichkeit abge­nommen, so liegen die Dinge natürlich anders. Man muß nur an extreme Fälle denken, um auch mittlere zu begreifen. Wenn man sich an Sektionsbefunde von fettleibigen Personen erinnert, wie da die Därme in starre, schwere Rohre verwandelt sind, so begreift man, daß dann die vermehrte Lordose im Vereine mit dem erhöhten spezifischen Gewichte der Viscera allein das Entstehen von Hängebauch und Enteroptose begünstigen wird.

Dazu kommt noch der Druck des Korsetts, der die Kontenta direkt nach abwärts und nach vorne treibt. Aus statischen Gründen muß aber ein Übergewicht vorne die Lordose nur noch mehr verstärken, denn, um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, muß der Oberkörper wieder um das Gewichts­äquivalent nach hinten geneigt werden. Wir haben also hier den Circulus vitiosus, daß die Lordose die vordere Bauchwand vorwölbt und die vorgewölbte Bauchwand wieder die Lordose vermehren hilft.

Mit dem „intraabdominellen Druck“ brauchen wir uns nicht zu befassen, nicht bloß weil dieses Schlagwort glück­licherweise außer Kurs gesetzt worden ist, sondern auch weil für uns nur die Schwerwirkung in Betracht kommt.

Wenn also Brücke am angeführten Orte schreibt, „daß zu starke Beckenneigung bei uns beim weiblichen Geschlechte ein viel häufigerer Fehler sei als zu geringe“, so müssen wir ihm an der Hand unseres Beobachtungsmaterials vor Anderen recht geben. Wir können aber noch hinzufügen, daß wir die Lordose um so stärker ausgeprägt gefunden haben, je länger das Individuum der Miederwirkung ausgesetzt gewesen war.

Nunmehr sollte ich eigentlich die Photogramme derselben Individuen, die ich soeben demonstriert habe, mit dem Mieder bekleidet vorführen, um die erzeugten Veränderungen ersichtlich zu machen. Dies wäre mir ein leichtes, da ich eine Unzahl derartiger Aufnahlnen angefertigt habe. Nur würden Sie nicht viel neues daraus lernen. Je nach der Form des Mieders, nach der stärkeren oder schwächeren Schnürung ist das Taillendreieck stärker oder schwächer einspringend, reicht das Mieder höher hinauf oder tiefer herab, behindert es die Freiheit der Beugung des Rumpfes mehr oder weniger. Immer aber erzeugt es das