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Abendland – Morgenland – Mund an Mund –

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welch ein natürlicher Völkerschaftsbund!

 Tauber, der girrt,
 Schwalbe, die flirrt.
Und eine Geisha streichelt das Moos,
in den Augen ein Flämmchen, ein Schein …

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 In Europa ist alles so groß, so groß –

 und in Japan ist alles so klein.



 Letzte Fahrt

An meinem Todestag – ich werd ihn nicht erleben –
da soll es mittags rote Grütze geben,
mit einer fetten, weißen Sahneschicht …
Von wegen: Leibgericht.

5
Mein Kind, der Ludolf, bohrt sich kleine Dinger

aus seiner Nase – niemand haut ihm auf die Finger.
Er strahlt, als einziger, im Trauerhaus.
Und ich lieg da und denk: „Ach, polk dich aus!“

Dann tragen Männer mich vors Haus hinunter.

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Nun faßt der Karlchen die Blondine unter,

die mir zuletzt noch dies und jenes lieh …
Sie findet: Trauer kleidet sie.

Der Zug ruckt an. Und alle Damen,
die jemals, wenn was fehlte, zu mir kamen:

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vollzählig sind sie heut noch einmal da …

Und vorne rollt Papa.

Da fährt die erste, die ich damals ohne
die leiseste Erfahrung küßte; die Matrone


Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Ernst Rowohlt, Berlin 1928, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_339.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)