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daß ein Zollbeamter … ich wage es nicht zu Ende zu denken. Kurz: der Zichy war weg.

Und da wollte ich mal fragen, ob es vielleicht jemand gesehen hat.

Es wäre ja denkbar, daß es sich einer gekauft hat, zu Studienzwecken, der Wissenschaft halber, nur um sich so etwas mal anzusehn, und was man so sagt. Der Pergamentdeckel ist leicht fleckig, das Buch gut erhalten, nur unten, an den rechten Ecken, sind manchmal die Seiten ein wenig eingerissen, wie wenn es da jemand beim Umblättern furchtbar eilig gehabt hätte.

Und wenn es einer hat, dann soll er mirs doch bitte sagen. Ich kaufe ihm ein neues, aber das da möchte ich gern wiederhaben. Es hat so viel aufgesaugt; an Gegenständen bleibt ja bekanntlich, wie auch an Wänden, das Leben haften, man lebt sie voll … Es ist eine Art Erinnerung, eine Erinnerung an die schönen Zeiten, als wir noch jung waren und erheblich neugieriger als heute. Eine Erinnerung an die Zeit, wo noch nicht ein Auge immer zuguckte, wenn das andere leuchtete – darin lebt ein Jahrzehnt. So wie in einer alten Grammophonplatte, die ein nun Verstorbener besungen hat, wie etwa der erschossene Chansonnier Fragson, in den Atempausen die damalige Zeit rauscht: 1910, vorbei, vorüber – aber doch einmal gewesen.

Wo bist du? In guter Pflege? Sind sie nett zu dir? Wo bist du –?


Die Musikalischen

Ich bin unmusikalisch. Wenn ich es sage, antworten die Leute mit einem frohen Gefühl der Überlegenheit: „Aber nein – das ist ja nicht möglich! Sie verstehen gewiß sehr viel

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Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Ernst Rowohlt, Berlin 1928, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_256.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)