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Die Sprache ist wieder in ihren Spiegelrahmen zurückgekehrt, fremd sehen wir uns an, ich mißtrauisch, sie könnte vielleicht jeden Augenblick wieder auskneifen, mir gegenübertreten … Wir kennen uns nun schon so lange. Zum erstenmal habe ich sie nackt gesehn.


Umzug

Auch im Französischen gibt es ein Wort, das ungefähr besagen will: „Lieber dreimal abbrennen als einmal umziehen.“ Das ist recht wahr. Bei einem Brand hat man es doch mit einemmal hinter sich. Nachts schreit das Mädchen im Korridor: „Herr Regierungsrat! Herr Regierungsrat!“, ich raus aus dem Bett, das Mädchen kreischt, aber diesmal nicht, weil ich so schön bin, sondern weil es wirklich brennt, qualmt, knistert … sie ergreift das Vogelbauer, ihren Sonnenschirm und einen alten Korb, ich entkorke den Feuerlöscher, er funktioniert nicht, ich gieße Wasser ins brennende Zimmer, dazwischen: „Wie ist denn das möglich?“ – das Mädchen jammernd: „Ich weiß ja auch nicht! Gestern abend hats noch nicht gebrannt …!“, das ist ein Trost, Feuermelder, Feuerwehr, es sieht gar nicht schaurig-schön aus, sondern stinkt nur entsetzlich, Gott weiß, welche Kindsleiche da mitbrennt. Morgens ziehe ich traurig einen Band Unruh aus dem Unglück, der pappne Deckel hat sich gebogen, das kommt von der Hitze. Und dann ist es vorbei, und man weiß: Bei Panters hats gebrannt.

Aber ein Umzug –! Das ist viel schlimmer. Dieses Mal bin ich in Frankreich umgezogen, und vier Wochen waren verloren. Vier Wochen lang telegraphierten die Verleger: „Wo bleibt Fünfter Akt Pubertätsdrama? Sofort senden, da Baisse in Pubertät bevorstehend.“ Und: „Zwei Pfund Pariser

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Berlin: Ernst Rowohlt, 1928, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_178.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)