Seite:Tucholsky Mit 5 PS 139.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

getan, heiratet er die Tochter eines Obermimen, avanciert und rückt in die Zentrale auf, denn es ist ein Avancement, in die Kartothek zu kommen. Dortselbst angelangt, räuspert er sich, rückt an der Kravatte, zieht die Manschetten grade und beginnt, zu regieren: als durchaus gotteingesetzte Zentrale, voll tiefer Verachtung für die einfachen Männer der Praxis, tief im unendlichen Stunk mit den Zentralkollegen – so sitzt er da wie die Spinne im Netz, das die andern gebaut haben, verhindert gescheite Arbeit, gebietet unvernünftige und weiß alles besser.

(Diese Diagnose gilt für Kleinkinderbewahranstalten, Außenministerien, Zeitungen, Krankenkassen, Forstverwaltungen und Bauksekretariate, und ist selbstverständlich eine scherzhafte Übertreibung, die für einen Betrieb nicht zutrifft: für deinen.)


Auslandsberichte

Wien, 19. November. Aus Amsterdam wird uns gemeldet: Nach Mitteilungen der Pariser Presse hat der „Daily Telegraph“ ein Telegramm des „New York Herald“ aus Konstantinopel erhalten. Danach soll die Brotkarte in Berlin eingeführt werden

Zeitungsmeldung aus dem Krieg.

Was im Ausland von den Korrespondenten der großen Zeitungen verlangt wird, ist heller Wahnsinn. Die ungeheuern Spesen, mit denen sich die großen Zeitungsverlage belasten, gehen monatlich in die fünfstelligen Zahlen: es wird telephoniert und telegraphiert, telegraphiert und telephoniert. Was wird telephoniert?

Es gehört kein übermäßig geübtes Auge des Routiniers

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Berlin: Ernst Rowohlt, 1928, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_139.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)