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Hier schlug man ihn an’s Kreuz, mit scharfem Speer
Durchstieß man seine Seite, – Blut, Blut, Blut
Entquoll jedwedem Bild. Ich schaute gar
Ein traurig Weib, die hielt auf ihrem Schooß’

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Des Martermannes abgezehrten Leichnahm,

Ganz gelb, und nackt, von schwarzem Blut umronnen –
Da hört’ ich eine gellend scharfe Stimme:
„Dies ist sein Blut,“ und wie ich hinsah, schaut ich
     (Schaudernd.)
Den Mann, der eben einen Becher austrank.

     (Pause.)

Zuleima.

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In’s Haus der Liebe trat dein Fuß, Almansor,

Doch Blindheit lag auf deinen Augenwimpern.
Vermissen mochtest du den heitern Schimmer,
Der leichtdurchgaukelt alte Heidentempel,
Und jene Werkeltagsbequemlichkeit,

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Die in des Moslems dumpfer Betstub’ kauert.

Ein ernst’res, bess’res Haus hat sich die Liebe
Zur Wohnung ausgesucht auf dieser Erde.
In diesem Hause werden Kinder mündig,

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_197.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)