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Worauf einst saß und sang die Nachtigall,

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Ihr Liebesweh der rothen Rose klagend.


Zuleima.
Die rothe Rose ward vom Sturm entblättert,
Die Nachtigall sammt ihrem Liede starb,
Und böse Aexte haben abgehau’n
Den edeln Stamm des blühenden Granatbaums.

Almansor.

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Hier ist mir wohl! auf diesem lieben Boden

Klebt fest mein Fuß, wie heimlich angekettet;
Ich bin gebannt in diesen lieben Kreisen,
Die du um mich gezogen, schöne Fee;
Vertraute Balsamdüfte mich umhauchen,

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Die Blumen sprechen und die Bäume singen,

Bekannte Bilder hüpfen aus den Büschen –
     (Er erblickt das Christusbild, befremdet.)
Doch sprich, mein Lieb, dort steht ein fremdes Bild,
Das schaut mich an so mild, und doch so traurig,
Und eine bittre Thräne läßt es fallen

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In meinen schönen, goldnen Freudenkelch.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_194.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)