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Der alte Hassan war’s, der vielbesorgt,
Wie’n treues Thier, gefolget meiner Spur.
     Leg’ ab, mein süßes Lieb, die finstre Miene,

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Den schwarzn Flor, der deinen Blick umdüstert.

Wie’n Schmetterling die Raupenhülle abstreift,
Und leuchtend bunt entfaltet seine Flügel,
So hat die Erde abgestreift das Dunkel,
Womit die Nacht ihr schönes Haupt umschleyert.

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Die Sonne senkt sich küssend auf sie nieder;

Im grünen Wald erwacht ein süßes Singen;
Der Springborn rauscht und stäubet Diamanten;
Die hübschen Blümlein weinen Wonnethränen; –
Das Licht des Tages ist ein Zauberstab,

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Der all die Blumen und die Lieder weckte,

Der selbst Almansors Seele konnt’ entnachten.

Zuleima.
Trau’ nicht den Blumen, die hierher dir winken,
Trau’ nicht den Liedern, die hierher dich locken,
Sie winken und sie locken in den Tod.

Almansor.

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Ich weiche nicht, und weich’ auch nicht dem Tod.
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Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_192.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)