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Zuleima.
Die Augen sind der Seele klare Fenster,
Und Thränen sind der Seele weißes Blut.

Almansor.
Und floß auch Blut schon aus Almansors Seele,

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Am Grab’ der Mutter und am Grab’ des Vaters,

So muß sie jetzt doch ganz und gar verbluten,
Hier an dem Grabe von Zuleimas Liebe.

Zuleima.
O schlimme Worte und noch schlimm’re Kunden!
Ihr bohrt Euch schneidend ein in meine Brust,

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Und auch Zuleimas Seele muß verbluten.

     (Sie weint.)

Almansor.
O weine nicht! Wie glüh’nde Naftatropfen,
So fallen deine Thränen auf mein Herz.
Mein Wort soll dich jetzt nimmermehr verletzen!
Verehren will ich dich wie’n Heiligthum,

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In dessen Näh’ sogar des Blutes Rächer

Die scharfe Spitze abbricht von der Lanze;
In dessen Näh’ die Taube und Gazelle

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Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_183.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)