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Beschreibung der Herrschafft
Petronell:


Es befindt sich / zwischen Wien in Oesterreich / vnd Preßburg in Vngern / ein fast schöner / vnnd wegen alldorten vieler denckwürdigen alten Vhrkunden / sehr berühmter / vnd vhralt Adelicher Sitz vnd Herrschafft / mit Nahmen Petronella, jetzund Herrn Grafen von Abensberg vnd Traun / Obristen Land-Marschalcken / im Ertz-Hertzogthumb Oesterreich vnter der Enß zugehörig. Eben an selbigem Orth ist vor Alters ein überauß grosse Statt gestanden / wie solches noch auß einem gar weit erstreckendem Bezirck etlicher schon längst zerfallenen / vnd niedergerissenen Mauren / gar eygentlich zu spühren ist; Nun aber ist selbige Statt von den Alten nicht Petronella oder Petronell, wie mans jetzunder nennt / sondern Carnuntum genent worden / wie solches gar schön Wolfgangus Lazius l. 12. Commentar. Reip. Rom. sect. 3. cap. 1. erweiset.

Welche Statt Carnutum die Römer bey 169. Jahren vor Christi Geburt vnter ihren Gewalt zu bringen vergebens sich vnterstanden (diß bedeutet Livius lib. 43. dec. 5. lib. 3.) aber zehen Jahr vor der Geburt Christ / vnter Caesare Augusto, durch Tiberium den obristen Feldherrn / so hernacher der dritte Römische Keyser worden / dieselbe erobert / wie bey Dione lib. 55. zulesen / haben auch solche zu einer Hauptstatt / zwischen Raab in Vngern / vnd Kaalenberg in Oesterreich gemacht / auch ein Residentz deß Keysers gewesen. Spartanus meldet / daß wie Commodus, Antonini Sohn / zu Rom erwürget worden / im Jahr Christi 95. Septimus Severus Land-Obrister in Pannonien, das ist / Vngern vnd Vnter-Oesterreich / zu Petronell oder Carnunto, von den Teutschen Soldaten zum Keyser erwehlet worden / auch allda gewohnet. Keyser Diocletianus, welches bezeugt das erste Buch Lazij im 2. cap. fol. 18. hat auch zu Carnunto gewohnet / wie Er das Reich resignirt vnd seinem Mit-Keyser dem Maximiano übergeben / hat auch anno 304. zu Keysers Constantini Zeiten / zu Carnunto Rath gehalten / wie Zosimus schreibet lib. 2. ob er sich deß Keyserthumbs wieder vnterfangen köndte / welches aber nicht gelungen / sondern Keyser Maximianus zu Rom mit dem Strang erwürget worden / vnd Keyser Diocletianus zu Carnunto in einem schlechten Häusel in Wütterey gestorben ist. Man findet auch bey Teutsch-Aldenburg ein stück Mawren vnd auffgeworffen Erden / welches ein Brucken über die Donaw gewesen seyn soll. Vmb das Jahr Christi 375. ist Carnuntum sampt dem Bad Aldenburg / als Keyser Valentinianus allda gewohnt / wie bey Ammiano Marcellino lib. 30. zu lesen / durch die Marckmänner / vnd lang hernacher von Attila der Hunnen König / zerstört worden. Es schreibt auch Plinius von den Völckern Carnuntiis, daß sie in Oesterreich gewohnt haben. Daß aber gemeldter Ort / dieser schon längst verwüsten Statt / letztlich Petronell, oder Peternell genent worden / ist solches von Keyser Carolo dem Grossen / herkommen / wie Wolfgangus Lazius gar gläublich vnd verständig darvor gehalten; Dann als Carolus der Grosse in der Oesterreichischen Statt Fabiana, (welche von dem Teutschen vngelehrten Pöfel / Anfangs Wiana / vnd hernacher Wian oder Wien genent worden) eine Kirchen dem Heiligen Apostel Petro gebawet / hat er alsdann 7. Meil vnter Wien / in dem berühmten MarcktFlecken /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_505.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)