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Finstermütz oder Finstermüntz / ein enger Wagenweg / und Paß an dem Inn Fluß / gegen dem Engadin / zwischen dem Arleberg / und der Malserheyde. Stoßt an das Engadin / Etschland / und Inthal / ein rauhe Gegend / oberhalb Landeck / nahend Pundts.

Glurens / oder Glorium, an der Etsch / im Vinschgöu / oder Val die Venosta, ein Stättlein / wie es von G. de Roo, und Fortunato Sprechero, genant wird / welches Anno 1499. die Graubünter / sampt Mals / angezündet haben.

Innichen / oder Inneken / Lateinisch Aguntum, (wie die meisten solchen / allbereit dem Plinio, Ptolemaeo, und Antonino bekandten / Nahmen diesem Ort geben; Theils aber Doblach dardurch verstehen /) oder Inichium, so von Theils ein Stättlein; von Theils nur ein Marcktfleck genant wird. Liegt im Norico an der Drab / so nicht weit davon entspringt / nahend Kärndten / daselbsten die alten Hertzogen in Kärndten etwann Hoff gehalten haben; wie Megiserus in der Kärndterischen Chronic fol. 427. schreibet. Gehört aber jetzt zu Tyrol.

Kofel / wie dieser Ort in der Lands-Ordnung der Fürstlichen Graffschafft Tyrol; und von den Welschen Cavolo, und Covelo, von Theils auff Lateinisch Claustrum, und Clausa, von etlichen auch Kobel / und Kobolt / genennet wird; dessen Beschreibung in dem Teutschen Räißbuch / und desselben ersten Theil / am 342. Blat / zu finden. Wir wollen allhie allein setzen / was uns hievon / durch Beförderung eines günstigen Herrn in Bayern / auß Tyrol / zukommen ist; wie folget: Vestung und Gebürg Covel, oder Koffelo, genant / ein vornehm / und bekandtes Granitz Ort / und Clausen / deß Ertzhauß Oesterreich / und Graffschafft Tyrol / gegen Welschland / ist ein hohes gähes Gebürg / einer geraden gähen Wand gleich / so nahend bey 50. Klaffter hoch seyn möchte; so mit seiner fronte gegen Sudwest lieget / in welcher Mitte ein überauß grosse Höle / oder Klufften / sampt einem darinn erbauten Schloß / anzusehen ist. Solches wird stets durch einen Hauptmann / und gemeiniglich nur vierzehen Soldaten / bewohnet / mit denen doch solches Ort zu genügen versehen / nicht allein das Schloß zu defendiren, sondern auch den unten herdurchgehenden Paß / und Landstrasse / zu sperren / und zu manteniren. Dann kein einiger Weg / oder Steig / in solches Schloß / als durch das grosse Sail- und Zugwerck / hinauff zu kommen / verhanden / welches mit einem unabkommlichen frischen Wasserbronnen / grossem Uberfluß von Proviant / Getraid / Mahlwerck / Kellern / und Wein: Item / allerhand Geschütz / Munition / und anderer Kriegsnotturfft / versehen / in deme / so wol in gedachtem Schloß / und Höle / als auch in dem Felsen selbsten / allerhand Kammern außgehauen / darinnen jedes absonderlich / und ohne Gefahr / verwahrt werden mag. Und ist diese Vestung also beschaffen / daß der Ober-Theil deß Gebürgs etwas weiters über die untere Wand herfür stosset / daß kein Regen in selbe fallen kan. Hat darinnen ein feine Capellen / ist gleichwol der Spatziergang schlecht / und über acht Schritt nicht breit; obenher aber ist solches Gebürg bewohnt / und wird darauff Traid / und Wein / gebaut. Da einer an dem Sail das erste mal auffgezogen wird / (so gleichwol keinem frembden leichtlich / und ohne sonderliche Verwilligung / geschicht /) werden die Käiserliche in der Wand eingehaute Wappen / von deme / so einen begleitet / gewiesen / und zu einem Gedenckzeichen / der Kopff was wenigs angestossen. Unten her ist der schmal / und enge Paß / auff welchem zween Wägen schwerlich aneinander außweichen könten / mit beederseits starcken Mauren / und Porten / versehen / dabey ein Zollhauß / und Marstall deß Ertzhertzogs gebauet ist / unterhalb solcher fleußt / und rauscht die Brenta, mit grossem Getöß. Gegen über ist auch eben so hohes / oder noch höhers Gebürg; auff welchem gleichwol Früchten wachsen / und Leute wohnen. Biß hieher erwehnter Bericht. Gerardus de Roo im 3. Buch seiner Oesterreichischen Historien / am 116. Blat / schreibet / daß die Venediger / damit sie deß Carrarii von Padua, ihres hefftigsten Feinds / Fürnehmen verhinderten / eine Bottschafft in Teutschland / zwischen den Jahren 1377. und 1380. zum Hertzog Leopolden von Oesterreich / gesendet / und ihme / auß gemeinem Rath / die Statt Tarviß / wie auch Belun / Seravall / S. Victorsburg / sampt beyden Cenadiis, und Claustern / dardurch man in Italien zeucht / übergeben / und geschenckt haben. Auß welchen Claustern / sonders Zweiffels / dieses Kofel seyn wird. Theils wollen zwar / es seye diese Vestung / zun Zeiten Käisers Maximiliani deß Ersten / anfänglich an das Durchleuchtigste Ertzhauß Oesterreich / durch Krieg / gelangt / und forthin bey solchem geblieben. Aber / es kan beydes seyn. Dann nichts seltzams ist / daß ein Ort verlohren / veräussert / und wieder zur Hand gebracht wird; wie dann gemeldter Roo daselbsten / am 117. Blat / schreibet / daß besagter Hertzog Leopold / dem gedachten / Carrario / Tarviß / Seraval / und andere Ort / hernach / sonderbarer Ursachen halber / verkaufft; die mit der Zeit / die Venediger wieder bekommen haben. Es liegt diese Vestung bey acht Meilen ungefehr von Trient / auff der Strassen / gen Tarvis / oder Treviso, und Venedig zu.

Kolman / drey Meilen von Pozen / dardurch man kompt / wann man von Pozen nach Insprugg räiset. Hat ein wolerbautes Fürstliches Zollhauß / sampt zweyen Kirchen allda / sonsten aber wenig Häuser. Man hat von hinnen auff Clausen / oder Seben / und Brixen zu / bey einer halben Meilen / ein einschichtiges / aber gutes Wirtshauß / Startz genant. Gegen Colman über liegt ein schönes Wolckensteinisch Schloß / von theils Trostburg / von theils aber / und in der Tafel / Frosperg genant.

Landeck / soll ein Marcktfleck / (theils sagen ein Dorff) und Schloß seyn / beym Inn gelegen / dahin man kompt / wann man auß Ober-Schwaben nach Trient / und Venedig / über den Adler / oder Arleberg / von Bregentz / Feldkirch / Pludentz / und selbigen Orten räiset.

Letsch / Laets / Laiz / Lesth / oder Laische / oder wie es Gulerus nennt / Latsch / im Vinstgöu / zwischen Mals / und Meran; so Roo ein Dorff / andere einen Marckt / titulieren.

Mals / an der Malserheyde / eine Tagräise von Meran / oberhalb welchen Orts / auff ein Meil Wegs ungefehr die Etsch entspringet.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_349.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)