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in dem Anno 1635. zu Ynspurgg in quarto gedrucktem Privilegio, denen nach Botzen handlenden Kauffleuten / von Ihr Fürstlichen Durchleucht / Ertzhertzogin Claudia zu Oesterreich / etc. gegeben / weitläufftig zu lesen. Es gibt von Trient auß / biß auff Pozen / in den Dörffern / noch alle weil Welsche Leut: Aber von Pozen auff Insprugg zu ist es nunmehr fast alles Teutsch. Und weilen dieser Ort auff selbiger Landstrassen gelegen / so gibt es daher allhie viel Durchräisens. Grasserus meldet in seiner Schatzkammer / daß die Inwohner allda die Ochsen mit eisenen Schuhen beschlagen / damit sie im Gebürg besser fortkommen können. Es hat diese Statt vor Zeiten zu Trient gehört; ist aber vom Käiser Meinhardo II. Hertzogen in Kärndten / und Grafen zu Tyrol / der Anno 1295. gestorben / dem Bischoff mit Gewalt eingenommen / und folgends / durch einen hierüber auffgerichten Vertrag behalten worden; wie Johann Guler lib. 11. Raetiae fol. 159. b. schreibet. Und ist er Meinhardus erst ein Jahr vor seinem Tode deßwegen auß dem Bann kommen; als in der zu Eingang dieses Tractats angezogenen Kilianischen Beschreibung stehet. In dem Krieg / den Käiser Carolus M. mit Hertzog Thassilone in Bayern geführt / hat sein Sohn Pipinus Pozen angriffen. Zun Zeiten Käisers Henrici II. hat die Eisack allhie sehr grossen Schaden gethan; wie beym Brunnero in Annal. Boicis, part. 2. fol. 860. zu lesen. Anno 1224. den 22. Julii, ist die gantze Statt / mit 150. Menschen verbronnen. Anno 1483. den 14. Martii / ist sie / biß auff 15. Häuser / und die Kirche abgebronnen; schreibet Hundius tom. 1. Metrop. Salisburg. fol. 453. et 56. Es seynd da zu sehen / die Pfarrkirchen / die Clöster der Dominicaner / Franciscaner / und Capuciner / S. Johannskirchen / das Teutsche Hauß / und etliche offentliche weltliche Gebäu.


Ratenburg / Ratenburgum.

In der Lands Ordnung der Fürstl. Graffschafft Tyrol / wird diese Statt Radtemberg / von Theils Radenberg / und ins gemein Rotenburg genant; ligt zwischen Kueffstein / oder Kopffstein / und Schwatz / beym Inn / allda das Inthal anfahet / und hat ein Schloß / und Herrschafft. Und liegen unterhalb Kundl / Wergl / Windschnur / Kirchpühl / etc. alle am Inn. In dem dritten Theil der Bayrischen Chronic Brunneri, stehet am 956. Blat / daß die Statt Ratenberg am In / von Hertzog Ludwigen in Bayern / Hertzog Meinharten in Kärndten / und Grafen zu Tyrol / versetzt worden / welche seine Söhn / Ludwig / Otto / und Heinrich / obwoln das Geld darfür repraesentirt wurde / nicht wiedergeben wolten / daher vom Käiser Adolpho dem Churfürsten Rudolpho, Hertzogen in Bayern / das seinige mit Waffen zu suchen / anbefohlen worden seye. Wie aber dieser Ort (allda die Heilige Jungfrau Nortburgis gebohren worden) folgends wieder an Bayern / und dann Anno 1504. abermals an Tyrol gebracht worden / davon bey Kopffstein Bericht geschehen.


Stertzingen.

Wird von Theils Stercingum, von Theils Stiriacium, die Inwohner Stiriacii, und die Gegend herum das Wipthal genant. Lazius vermenyt / es seye dieser Ort der Alten Fortia Castra, daselbsten Röm. Schrifften gesehen werden. Und meldet Warmund Igl von Volderthurn / in Beschreibung Tyrols / daß sich die Römer allda losirt haben / seye noch ein Wahrzeichen der Marmelstein an der Pfarrkirchen / mit dieser Uberschrifft: Ossa legionis decimae, die Gebeiner deß zehenden Regiments. Philippus Cluverius de Antiqua Italia schreibet / daß der Alten Vipitenum mit dieser Statt übereinkomme. Felix Fabri bringt gegen dem Ende deß Herrn Hanß Werli von Zimber / und anderer Herren Walfahrt zum H. Grab / eine seltzame Meynung hievon / und sagt / daß er den Wirth allhie um den Ursprung deß Nahmens gefragt / der ihme geantwortet habe / daß ein krummes höckrichtes Männlein / Stertzlein geheissen / allhie zum ersten seine Wohnung / und Häußlein gehabt / daher die Leute zu dem Stertzlein gebauet haben / biß daß da eine Statt worden seye. Sie liegt an dem Fluß Utio, so von Theils die Ultz / von andern aber der Brennerbach genant wird / auff der Landstrassen / zwischen Brixen / und Insprugg / und zwar von diesem letzten Ort 7. Teutsche Meilen. Ist eine kleine / aber fein gebaute Statt / und wegen deß Silberbergwercks berühmt.

Bald bey der Statt / auff Insprugg zu / fangt sich das Pirenaeisch Gebürg / oder die Juga Rheatica, an / so die Inwohner den Brenner nennen. Ist ein sehr hohes Gebürg / da der Schnee selten gar abgehet; daher Georg. Fabricus, in Itinere Chemnic. p. 51. gesagt hat: Hûic nive tincta coma, et glacie riget aspera barba. Wolffg. Lazius schreibet lib. 12. Reip. Rom. sect. 2. fol. 918. daß dieses Pyrenaei montis, oder Brenners / die ältisten Authores, als Appian. Alexan. in Illyrici belli enarratione, Caecil. Plin. in Panegyricis, Dionysius Geograp. Graecus, und Maximus Planudes graec. Epigrammatarius, gedencken. Es erstreckt sich solches Gebürg weit / und werden seine Jöcher von den Leuten daselbst jetzt genant der Junffen / der Serren / der Loffer / und der Ritten. Und ist zu erachten / daß ein alter Historicus, wann er schreibt / daß die Thonau in dem Pyrenaeischen Gebürg entspringe / nicht das / so Hispanien von Franckreich absondert / sondern dieses in Tyrol / verstanden habe; wiewol er auch hierinn geirret hat.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_343.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)