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Craynburg.

Liegt zwischen Laybach / und Neumärcktlein / in Ober-Crain / in der Höhe / da unten die Sau laufft / darein daselbst die Kancker kommt. Hat ein Schloß in der Statt / Kißlstein genant: Sampt einer Pfarrkirchen / unser lieben Frauen Rosenkrantz Kirchen / und S. Sebastians Kirchen: Ausser der Statt aber ein Capuciner-Closter / und über der Saubrücken S. Märtin Pfarr-Kirchen. Lazius lib. 12. Reip. Rom. sect. 5. cap. 4. vermeynt / daß Crainburg der Japodum Noviodunum seye / nicht allein darum / weil solcher Ort vor Zeiten Neuburg genant worden / und noch alte Sachen allda zu sehen seyen; sondern auch deßwegen / weil das Lager gantz mit der Abmessung Antonini übereinkomme. Und rechnet er im 6. Capitel von Laybach nach besagtem Neuburg 4. und von dannen / über den Berg Kapel / nach Villach / 3. kleine Meilen. Hat vor Zeiten eygene Marggrafen allhie gehabt / wie oben gesagt worden ist. Anno 1435. in dem Krieg / so beede Brüder / Käiser Friederich der Vierte / und Hertzog Albrecht von Oesterreich / wider einander geführt / hat dieser Hertzog / und mit ihme der Graff von Cilly / solche Statt / bey nächtlicher Weil erstiegen / so deß Käisers Volck hernach auch bey Nachts überrumpelt / und erobert hat. Ist der Zeit Landsfürstlich.


Görtz.

Diß ist die Hauptstatt der Gefürsten Grafschafft / so von ihr den Nahmen führet / und in Friaul gelegen ist. Es disputiren die Gelehrten viel / an welchem Ort die weyland berühmte Statt Noricia, oder Noreia, Nöreinburg / gestanden seye / nach welcher man die Tauriscos forthin Noricos genant. Theils vermeinen / es seye eben dieses Görtz / weilen der Nahm Goritia mit Noritia wol zutreffe; wie man dann auch bey andern Orten solche Versetzung der Buchstaben findet. Und unterstehet sich sonderlich Lazius dieses lib. 12. Reipubl. Roman. sect. 6. cap. 2. zu erweisen / und sagt / daß unter dem Anfang deß Römischen Käiserthums / vielleicht wegen der Inwohner Rauberey / Noreia geschleifft worden; in deren zerstörten Gemäuer etliche Grafen / so bey Alten diesen gewohnt / das Closter Andechs gestifftet / und weit hieher auß Bayern geräiset seyen / ein Stättlein / und Schloß erbauet / und hernach ihr Gebiet biß in Kärndten erstreckt / und den Titul der Fürsten deß Reichs bekommen haben; und von Noricia, die Noreia auch vor Zeiten geheissen / die Noriciani Comites, und grob Goricenses, und Pfaltzgrafen in Kärndten genant worden; von welchen die Hertzogen zu Meranien / und die Grafen zu Tyrol / herkommen seyen. Andere aber halten Rechberg in Kärndten für der Noreia. Die dritten sagen / daß selbige Statt / dabey vor Zeiten ein groß Goldbergwerck gewesen / drey Teutsche Meil Wegs von Görtz / gegen Wippach / an dem Birbaumer Wald hinan / und fünff Teutsche Meilen von Aglarn / oder Aquileia, nemlich an dem Ort / da dieser Zeit das Dorff / und Kirchen zu S. Geörgen / gelegen gewesen / allda noch viel Anzeygung der Heydnischen Statt / wie die Inwohner deß Orts solche nennen / gefunden werden. Und dann endlich / so will Cluverius lib. 1. antiquae Italiae cap. 20. daß Noreia um die Statt Venzone gewest seye; der auch daselbst von dem Fluß Sontio oder L’Isonzo, (so nahend bey Görtz fleust / und diese Fürstliche Grafschafft von Friaul absondert) zu lesen / in welches Wasser / an dem Ort / den man vor Zeiten ad pontem Sontii geheissen / der Fluß Frigidus, oder Wippach / so die Welschen Vipao nennen / kommet. Es sihet gleichwol auch Görtz einer gar alten Statt gleich / dabey der Gothen König / Dieterich von Bern / Odoacrum der Herulen und Turcilinger König / wie Theils wollen / das erstemal solle geschlagen haben. Sie ist in die Ober- und Untere getheilet. Die untere Statt ist groß / aber nicht versperret / in welcher ein Jesuiter Collegium, Item / ein Franciscaner / und Capuciner Closter / und zu Ende das Teutsche Hauß; auch schöne Häuser seyn; allda die Herren / und der Adel / mehrertheils / so wol auch der Landshauptmann / wohnen / und der Stände Landshauß / so zwar nicht groß / aber wol erbauet / ist. Die Obere Statt wird die Vestung genant / allda starcke Wacht gehalten wird. Es endet sich nunmehr allhie die Slavonisch- oder Windische Sprach / und redet man fürbaß ein üble Romanische / so sich fast mehr zur Frantzösischen / als Italianischen / lencket; so die Italianer selbsten nicht recht verstehen können. Vor Gericht aber wird zu Görtz Teutsch gehandelt / auch die Landsfürstliche Oesterreichische Befelch in selbiger Sprach angeschlagen; wiewol / ausser deß Adels / und vornehmer Leute / wenig allda seynd / die solche recht verstehen. Dann die Windische / neben ihrer Mutter-Sprach / nemlich der Romanisch- oder Forlanischen / bey ihnen gemeiner ist. Die Appellationes gehen von hinnen gar nach Grätz ins Land Steyer / an die inner-Oesterreichische Regierung. Das Land um die Statt ist schön und gut / und hat einen herrlichen Weinwachs; wiewol man biß zur Statt / von Laybach her zu räisen / noch einen steinichten Weg hat. In dem Venedischen Krieg / so sich An. 1507. angefangen / ist deß Jahrs 1508. die alte- oder obere Statt / sampt dem Schloß / von den Venedigern eingenommen / und fortificirt; aber vom Käiser Maximiliano I. hernach An. 1509. wieder erobert worden. In dem nächsten Friaulischen Krieg / sonderlich An. 1616. ist zwar von den Venedigern starck nach Görtz geschossen / aber nichts sonderliches damit außgerichtet worden. Besiehe den ersten Theil deß Teutschen Räißbuchs am 335. Blat. Es liegt bey einer halben Meil von Görtz / und fünffviertel Meil von Gradisca / nemlich zwischen diesen beeden Stättlein / das grosse Dorff Lutzeney / oder Lucinium, allda die Venediger in gedachtem 16. Jahr grossen Schaden gethan / auch das Schloß angezündet haben.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_279.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)