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S. Andre.

Im Lavanthal / oder Valle Lavantina / ins gemein Lavant / und ein Meil Wegs von Wolffsperg / an dem Wasser gleichen Nahmens gelegen: Von welchem Stättlein Lazius lib. 12. Reip. Rom. sect. 6. cap. 4. schreibet / daß die rudera deß Orts Flavii, dessen der Codex Praefecturarum Romanarum, und Plinius gedencken / allhie zu suchen seyen / wie solches der Nahm mit sich bringe / und die Inwohner / mit hinweg thun deß ersten Buchstabens / auß dem Thal Flaviana, Lavanam, und Lavandam gemacht haben; auch viel alte diß Orts Römische Schrifften verhanden seyen. Er sagt auch ferner / daß dieses sehr lustige Thal meistentheils den beeden Ertz / und Bistumen Saltzburg / und Bamberg / gehörig / an die es durch Schanckung Kaiser Heinrichs deß Andern kommen / welcher einen grossen Theil an Kärndten / wegen seiner Mutter Judith / Hertzogs Arnoldi in Bayern / und Kärndten / Tochter / geerbt. Es habe aber auch der Hertzog in Kärndten viel Ort und Güter in diesem Thal / darunter am nächsten bey der Statt S. Andreae, das Closter S. Pauli, so das allerreichiste in Kärndten seye. Es ist gemeldtes Stättlein noch deß besagten Ertzstiffts Saltzburg / so allhie ein eygnes / aber nunmehr zimlich abgangenes Schloß hat: Daneben aber haben auch der Bischoff von Lavant / oder Lavantinus, Laventinensis, und eygendlich Flaventinensis; und der Probst / da ihr Residentz. Dann der Ertzbischoff Eberhardus von Saltzburg Anno 1221. allhie ein Bistum auffgerichtet / und desselben ersten Vorsteher Ulricum Anno 1223. zu Straubingen geweihet hat / wie Hundius tom. 1. Metrop. Salisburg fol. 12. schreibet: Die Annales Heinrici Steronis aber solche Einsegnung ins Jahr 1228. setzen. Andreas Brunner sagt part. 3. Annal. Boicorum pag. 655. daß Anno 1223. in der Kirchen allhie zu S. Andre, vom Bischoff Carolo zu Seccou / der H. Viti, und Modesti Cörper gefunden / und von dannen folgends / in Begleitung der Bischöffe von Saltzburg / Passau / und Chiemsee / nach Saltzburg geführt / und drey Jahr hernach der Kirchen zu Lavent ein eygner Bischoff geben worden seye.


Clagenfurt.

Dieser Ort hat / von dem nächsten Fluß Glan / an dem er vor Zeiten gestanden / etwann den Nahmen Glanfurt gehabt / darauß hernach Clagenfurt worden: Welches Worts Ursprung woher er kommen seyn mag / dessen zeygen Aeneas Sylvius, Felix Faber, J. Boemus, und auß ihnen Joannes Bodinus, Michaël Piccartus, und andere Ursachen an / welche daselbst mögen gelesen werden: Wiewol solche Hieronymus Megiserus (der davor den Nahmen Glanfurt setzet) entschuldigen will. Wolffgang. Lazius lib. 12. Reip. Rom. sect. 6. cap. 3. will darfür ein Claudenfurtum von der Alten Claudia, oder Claudio, darauß machen; und sagt am 1029. Blat / daß bey dieser Statt nahend das grosse Benedictiner Closter Vitring / Anfangs Victoria, genant / liege / daselbst die vorige Jahr es / nicht ohne Wunderwerck / ein grosse Menge Weitzen geregnet habe. Obgedachter Megiserus sagt / daß ums Jahr Christi 648. diese Statt noch ein offner Flecken gewesen / welchen selbiges mal die Hunnen angegriffen / und Cacannus der Dritte diß Nahmens / der Hunnen König / den Hauptmann allhie / Nahmens Pleurat / einen Windischen Herren / sampt seinem Weib / und 7. Kindern / habe hencken lassen. Mit der Zeit solcher Ort nach und nach zugenommen / sonderlich nach dem Käiser Maximilian der Erste Anno 1518. die Hofftaiding / und Landsrecht hieher gelegt / auch diese Statt und Burg / oder das Schloß / E. Erß. Landschafft in Kärndten erblich geeygnet / solche zu bauen / und zu bevestigen; doch hat ihme der Käiser ein Zeughauß da zu machen; Item / die Maut / oder den Zoll / das Gerichtgeld / und Erbhuldigung / neben der Landschafft; Item / dero die Statt zu öffnen / und ihr Majest. mit der Landsteuer / und Räisen / getreu / gehorsam / und gewärtig zu seyn; wie ingleichem auch dem Landsfursten die Burg / wann er dahin kommen solte / vorbehalten; und solle ein Landschafft / die allhie Richter und Rath zu setzen Macht hat / ohne deß Landsfürsten Willen / darauß keinen Krieg vornehmen. Es hat Höchstgedachter Käiser auch vorhero im Jahr 1496. den Kärntnern ein Privilegium geben / daß er in ewig Zeit keine Jüdischheit / oder Juden / im Lande mehr haben / noch gedulden wolle; und weilen damaln die Kärndter Ihr Majest. 4. tausend Gülden darfür verehrt / so haben die Juden von selbiges Privilegii dato an / in einem halben Jahr auß Kärndten ziehen müssen. Als An. 1473. die Türcken zum erstenmal in Kärndten kommen seyn / haben sie den angesetzen LandsHauptmann / Herrn Christophen von Colnitz / vor der Statt Clagenfurt geschlagen / daß er kaum mit wenigen in dieselbe entkommen. Sie ist heutigs Tags die Hauptstatt in Kärndten / allda die Stände zusammen kommen / ihr Landhauß / und Einnehmer-Ampt haben; wie sie dann auch zimlich bevestiget / und mit einem Wall umgeben ist; ein Jesuiter Collegium, ein Franciscaner Closter / und andere Kirchen mehr; einen neuen Platz / und darauff einen schönen neuen Bau / hat. Und ob sie wol An. 1636. gegen dem Ende des Frühlings / biß auff 5. oder 6. Häuser in Grund abgebronnen; So ist doch solche Statt seithero noch schöner / als sie vorhin gewesen / und fast alles wiederum / und zwar die Häuser auff Italianische Manier / gebauet / verbessert / mit zwo Kirchen / und etlichen Häusern vermehret worden. Besihe die Kärndtnerische Landhandvest am fünff und achtzigsten Blat.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_231.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)