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ihren Königen Gabinio, Kunimundo, Achiulfo, und andern / diß Land / biß auffs Jahr Christi 580. beherrscht / und alsdann / wie man vermeynt / von den Bayren darauß vertrieben worden: Wiewol glaublicher ist / daß sie / und die überbliebene Styri, allein unter die Bayrische Regierung kommen seyn. Es haben sich die Sclaven / oder Winden / in dieses Land gemacht; daher in Unter-Steyer noch heutigs Tags fast mehr Windische / als Teutsche / sonderlich in der Graffschafft Cilly zu finden. Und sagt Aventinus lib. 3. fol. 271. b. Daß die Drab / und die Muer / vor Zeiten Bayern und Winden getheilet / und die beyde Stätte / Windischgrätz / und die Hauptstatt des Landes / so in den Stifftsbrieffen Bäyrisch Grätz genant werde / daher den Nahmen haben / und so viel als Gränitz heissen sollen: Wiewol nicht alle hierinn dem Aventino beyfallen; wie anderswo gemeldet wird. Wann sie aber in dieses Land kommen / oder / ob sie Hertzog Dieth der Ander auß Bayern / welcher als ein Heyd / die Christliche Römer / wie man vorgibt / da verfolgt / und sie gantz auß dem Lande vertrieben haben solle / hieher erfordert; davon hat man keine gewisse Nachrichtung. Besihe unten Kärndten. Dieses ist zu mercken / daß man in Unter-Steyer mehrertheils Teutsch in den Stätten; auff dem Lande aber Windisch / oder Sclavonisch / redet; wiewol vor Gericht / in Teutscher Sprach gehandelt wird; auch die Landsfürstliche Befelch in selbiger außgehen: In Ober-Steyer aber redet man nur Teutsch / und zwar etwas subtiler / als im Saltzburgischen / und Bayrischen. Es haben besagte Winden / als sie im Lande mächtig worden / ihnen eygene Fürsten erwählt / so gleichwol von denen Hertzogen auß Bayern bestätigt worden / biß Anno Christi 772. nach Absterben deß letzten Fürsten / auß dem Windischen Geblüt / nemlich deß Valdungi, Steyer und Kärndten / wieder an Bayern kommen; aber / als Hertzog Tessel in Bayern / so Theils einen König nennen / sich an Käiser Carln vergriffen / von ihme / dem Käiser / bald hernach solche Länder einem Fränckischen Herren / Nahmens Heinrich / geben worden seyn sollen; auß dessen Nachkommen der letzte Domitianus, Item, Sanctus, und Dux Noricorum et Carnorum, in den Schrifften genant wird; deme in den besagten Ländern König Carolomannus in Bayern / und diesem sein Sohn Käiser Arnolph / succedirt haben. Nach diesem setzet man einen Eberhardum, oder Wernherum, und seinen Bruder Berchtoldum, die Theils für besagtes Arnolphi; Andere aber den letzten für Marggraffns Luitpoldi von Oesterreich Sohn halten. Dieses Berchtoldi Sohn Henricus starb Anno 989. ohne Kinder; und gab Käiser Otto der Dritte diese Länder dem Ottoni, Hertzogs Hermans zu Schwaben Bruder / auß dessen Nachkommen Conradus der Dritte gewesen / nach welches Tode Käiser Henricus III. Graff Welphen von Altorff auß Schwaben / und nach ihme Bertholdum Barbatum, einen Grafen von Zäringen / zum Hertzogen gemacht / so in des Käisers Henrici IV. Ungnad Anno 1077. gestorben / und nicht mehr / als den Zeyring in Ober-Steyermarck / so von ihme den Nahmen haben solle / behalten hat; wie Megiserus in der Karndterischen Chronic schreibet. An dessen statt hat gedachter Käiser Heinrich Marquardum, einen Grafen im Muertzthal / und Avelantz (so auch ein Thal in Steyer /) Herren zu Eppenstein / (so jetzt ein zerstörtes Bergschloß im Muerpoden / der Obern-Steyermarck / seyn solle /) zum Hertzogen in Kärndten gemacht; dessen Bruder Luitolph / Heinrich / Hartwich / Rudolph / und Pilgram / Marggrafen in Crain gewest seyn sollen. Er Marquard starb Anno 1077. deme sein Sohn Leopold succedirte, welcher / mit Hülff seines Vettern Ottocari, Marggrafens in Steyer / einen gewaltigen Sieg / wider den König Zolomir in Dalmatien / erlangt hat. Besagte Grafen von Muertzthal in Steyer / führten ein schneeweiß Panterthier / mit grossen auß dem Rachen speyenden Feuerflammen / und Ohren / in einem grünen Felde / so noch deß Landes Wappen. Der erste Marggraff in Steyer / auß diesem Geschlecht / so entweder von dem Käiser / oder dem Hertzogen in Bäyern / oder von dem in Kärndten (wie dann Theils Scribenten / sonderlich besagter Megiserus wollen / daß Steyer vor Zeiten unter Kärndten gewesen / und selbige Hertzogen auch über die Steyermarck / wie auch hie oben angedeutet worden / zu gebieten sollen gehabt haben) dahin verordnet worden / solle ums Jahr Christi 1030. Ottocarus I. gewest seyn / deme Käiser Conradus II. die Graffschafft Anasberg / an dem Wasser Enß in Steyer gelegen / verliehen. Sein Sohn Ottocarus II. hat das Closter Gärsten bey der Statt Steyer in Ober-Oesterreich / wie daselbst gesagt worden / gestifftet / als welchem diese Statt auch gehört haben solle. Und dieser Ottocarus hat verlassen Ottocarum III. der die Ungarn bey Pettau geschlagen; deme sein Sohn Leopoldus der Mannliche succedirt, welcher / auff Absterben Grafen Waldonis zu Rain im Land Steyer / vom Käiser Henrico V. und dem Römischen Reich / den gantzen Grätzer Craiß / oder Strich / erlangt / daselbst Er dann das Mönchs Closter zu Rain erbauet hat / und Anno 1128. gestorben ist; verlassende seinen Sohn Ottocarum V. welchen der Käiser Fridericus I. zum ersten Hertzogen in Steyer gemacht; dardurch dann allererst diß Land gantz von Kärndten kommen seyn soll; wie zwar Megiserus in der obgedachten Kärndterischen Chronic will; Wiewol mit selbiger nicht allein die Steyrer / sondern auch die Kärner selbsten / nicht in allem zu frieden seyn; wie hie unten bey Kärndten ein mehrers zu finden. Hergegen vermeynt Aventinus, mit andern / daß jetztgemeldter erste Hertzog in Steyer / durch den besagten Käiser Friederichen / der Bayrischen Jurisdiction, unter welcher diß Land / als ein Lehen / bißhero gewesen / befreyet / und ledig gemacht worden seye. Wann die Hochlöbliche Stände in Steyer / auß ihren Schrifftbehaltern / oder Archivis, durch einen deß Lands / und der alten Historien erfahrnen Mann / auch ein Chronicon verfertigen liessen / würden sie nicht allein dem gantzen Lande / sondern auch den Außländern / eine grosse Gnad dardurch erweisen / und / sonders Zweiffels / vielen Strittigkeiten damit abhelffen; auch das Land den Fremden besser bekant machen / deren offtmals etliche die Statt Steyer in Ober-Oesterreich / und das grosse Land Steyer / für ein Ding halten. Vorbesagter Ottocarus V. ist zuletzt außsätzig worden; und dieweil er keine Kinder / so hat er / mit Verwilligung einer Landschafft

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_196.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)