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die Kirchen ad littus S. Mariae; S. Johannis Baptistae; S. Nicolai; S. Mariae Magdalenae; zum Salvator; S. Georgii; S. Hieronymi (so vor Zeiten den büssenden Frauen / folgends den Franciscanern / eingeben worden); S. Annae; deß Teutschen Hauses / etc. Und haben die Hailbrüder / oder Fratres Misericordiae, auch ein Closter / ausser der Statt / bey den Brücken / in welchem viel Bette für Krancke / so sie curiren, stehen.

Was obgedachte Universität / oder berühmte Hohe Schul allhie / anbelangt / so solle solche Anno 1237. Käiser Fridericus II. gestifftet / und sie mit ansehenlichen Freyheiten begabet haben; die hernach König Ottocarus auß Böheim vermehrt; Hertzog Albrecht aber der Ander von Oesterreich / der Contracte zugenant / erst recht erhoben / und Albertus der III. Anno 1384. die Confirmation vom Pabst erlanget haben. Käiser Ferdinandus II. höchstermeldt / hat den Jesuiten / ums Jahr 1622. neben den Byris, Collegiis, sonderbarn Stipendiaten-Häusern / oder Samlungen der Studenten / so er denselben verehrt / auch die Professionem Theologicam, et Philosophicam, bey dieser Universität (welche Anfangs in 4. Nationes, Oesterreicher Rheinländer / Ungar / und Sachsen / getheilet worden) übergeben; jedoch / daß auch die Cathedra einem auß den Dominicanern / wie auch den Franciscanern / oder Minoriten / zu profitiren, und disputiren, offen stehen solte. Die Juristen / und Medici aber bleiben noch vereinbart / und machen alle halbe Jahr einen Rectorem: bey welchem sich die / so nicht der Römisch-Catholischen Religion seyn / und allhie studiren wollen / immatriculiren lassen. Es hat auch allhie feine Bibliothecken / und darunter die Käiserliche / in deren dritten Zimmer viel geschriebene Bücher / und darunter deß Dioscoridis, so viel hunder Jahr alt / und deß Türckischen Kaisers Solymanni gewesen; Item / die Evangelia, so Othfridus, ein Mönch / in Teutsche Reimen gebracht / und König Ludwigen / Käiser Carls deß Grossen Enickel / dedicirt hat; Item, La Forteresse de la foy, darinn schöne mit der Hand gerissene / und gemahlte Stücklein / so Hertzog Carls von Burgund gewesen; Item, deß Philostrati Heroica, so dem König Matthiae Corvino dedicirt worden; und andere mehr / seyn. Der geweste Bibliothecarius, Herr Doctor Sebastianus Tengnagel / so vor wenig Jahren gestorben / hatte auch ein sehr kostbare eigne Biblithec / und in derselben herrliche / rare, und solche Bücher in den Orientalischen Sprachen / die sonsten nicht zubekommen / in grosser Menge; wie dann deßwegen dieselbe der Kaiserlichen vorgezogen worden / und Er selber der Arabischen / Türckischen / Persischen / und anderer Sprachen / fürtrefflich erfahren / und dabey sehr freundlich gewesen ist. Wohin aber / nach seinem Tode / solcher deß Teutschland Schatz kommen / können wir der Zeit nicht wissen.

Von weltlichen Gebäuen ist insonderheit zu Wien zu sehen / die Käiserlich- und Ertzhertzogische Burg / Schloß / oder Residentz / so zwar nicht sonders prächtig erbaut / und für einen solchen mächtigen / und höchsten Potentaten / und eine so grosse Hoffhaltung / zimlich eng ist. Es begreifft aber solche einen grossen Platz / oder Hoff / an dem / auff der einen Seiten die Käiserliche Cantzley; auff der andern das innere Schloß / oder eigentliche Käiserl. Residentz; auff der dritten der Statt Wall / mit dem darauff gebauten Gang / oder Galerie / und dann auff der vierten Seiten die neue Burg / liegen / und solchen umgeben. In der besagten Käiserlichen Residentz ist die Guardarobba, und die Galeria, mit unterschiedlichen Zimmern / so man den Schatz nennet / und in demselben allerhand köstliche von Gold / Edelgesteinen / und Perlen; wie auch mit höchster Kunst / und Fleiß / gearbeitete / und gemahlte Sachen; Item / so wol natürliche / als durch menschliche Hände gemachte / gewaltige / und beste Stück / rare, und wunderliche Ding / viel Tonnen Goldes werth / in grosser Menge / und darunter die Käiserliche Cron / mit dem Scepter / und Reichs-Apffel / zu sehen / so auß Gold / und mit köstlichen Orientalischen Diamenten gezieret / die man auff ein Million Goldes werth schätzet / und Käiser Rudolphus II. für sich hat machen lassen: Item / ein rund Becken / so 7. Spannen im Umgang hat / auß einem einigen Agathstein gemacht / mit einer etwas duncklen Schrifft / so die Natur selbsten darinn formirt, JEHOVAH. Item / ein Einhorn / so 12. oder 13. Spannen lang ist; deren beyde letzte Stück / weilen sie ihres gleichen in solcher Form / Schöne / Eygenschafft / und Grösse / in der gantzen Welt nicht haben sollen / nicht können geschätzet werden. Bey diesem Pallast / so Ihr Käis. Majest. selbsten bewohnt / seynd zween unterschiedlich / und lustige Gärten / einer grösser / als der ander / in welche Ihre Majest. auß dero Gemach / fuglich gehen können. Auff vorgemeldtem sehr grossen Burgplatz / wartet / nahend dem Käiserl. Pallast / oder Burg / ein Compagnie Soldaten zu Fuß; bey dem Eingang aber deß innern Schlosses / unter dem Thor / gleich bey der Auffziehbrücken / zehen Trabanten auff / so ihre ordentliche Wacht da halten; deren diese den gantzen Tag über allda mit ihren Helleparten in guter Ordnung stehen; zu Nachts aber / wann besagte Brücke auffgezogen / inwendig im Schloß wachen / biß sie andere ablösen. Vor deß Käisers / und der Käiserin / Gemächer aber / warten andere / nemlich die Härtschierer / auff / die stätigs daselbst wachen / Kriegsleute seyn / und Ihr Käis. Majest. so wol auff den Räisen / als wann sie außspatzieren / als ein ordinari Leibsguardi zu Pferde / stracks auff dem Fuß allenthalben nachfolgen / und sie begleiten. Es hat in der besagten Burg auch ein feine Käiserliche Capellen / in welche Ihre Käiserl. Majest. gemeinlich durch die Ritterstuben gehen; daselbst ein stattliche Musica gehöret wird; wie dann / vor andern Höfen / dieser Käiserliche auch deßwegen den Vorzug hat.

Fürs Ander ist das Zeughauß / so wol das Käiserliche / als der Statt / und in dem Käiserlichen ein stattlicher Vorrath von Geschütz / und Munition / zu sehen. Uber dem Geschütz ist ein langer Gang / wie ein Saal / mit etlichen Kammern / hängt über all voll Kriegs-Rüstungen / Wehren / Waffen / Büchsen / und Doppelhaken. In einem Zimmer ist ein alter einer Käiserin Hoffwagen / gar zierlich gemacht / daran viel Arbeit ist. Das Arsenal liegt an der Thonau / darin viel Galeren / Fusten / Fregatten / Galiotten / so auff der Thonau gebraucht werden / allein seynd sie etwas kurtz / und nur auff 17. oder 18. Bänck lang.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_137.jpg&oldid=- (Version vom 25.8.2018)