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hat; in welchen viel herrlich und schöne Gärten / mit ihren Lusthäusern / auch andern Gemachen / und Losamenten seyn / darinn sich viel Leut auffhalten können; wiewol deren Sachen viel / vor etlichen Jahren / sonderlich vor dem Burg- und dem Kärner Thor / gegen S. Ulrich / und dem obgedachten Flüßlein Wien / werts / bey die 300. Schritt begreiffende / nicht allein die Strassen / und die Gassen zu erweitern; sondern auch zu mehrer Sicherheit der Statt / an solchem Ort / theils abgebrochen / theils durch ein ungefehr entstandenes Feuer verbrant worden seyn. Uber / oder jenseit der Thonau / wohnen / gleichsam in einer Insul / die Juden besonders; in der Statt aber haben sie zu ihrer Handthierung gewisse Ort / da sie deß Tags ihre Wahren verkauffen; aber über Nacht in der Statt nicht bleiben dorffen. Sonsten seynd sie allda wol gelitten / und mit genugsamen Freyheiten / und Sicherungen / versehen. Es hat die Statt sechs Haupt-thor / und zehen grosse Bollwerck / und Pasteyen. Vom Morgen ist das Stubenthor; von Mittag das Kerner / oder Porta Carinthiaca, und das Schloß- oder Burgthor; vom Abend / das Schotten / und Neue Thor; und von Mitternacht der Rothe Thurn: Unter welchen die Viere / als das Burg / Kerner / Neue / und Stubenthor / sehr starck / gantz gewölbt / gar hoch / und ansehenlich / mit langen Schwibbögen; die ubrige 2. aber nur Thürne / seynd. Die gedachte Pasteyen werden genant / die Neuthor Pastey / Schotten-Pastey / Nelckerhoff-Pastey / Katzen-Pastey / Burg-Pastey / Wachtmeister-Pastey / Kerner-Pastey / Braun-Pastey / Burger-Pastey / Biber-Pastey. Wann einer umb die Statt gehen will / so kan er zum Stubenthor hinauß / und gegen dem Rotenthurn hinum gehen; da er dann erstlich nahend einer Pastey vorüber muß / so von Quaderstucken erbauet ist / und 2. hohe / und gemaurte Casamaten hat: Von dannen er zu einer andern Pastey / so ein starcke Maur von Ziegelsteinen / und / wie die vorgehende / gar tieffe Gräben herumb hat. Von dannen ist ein doppelte Mauer zur Lincken / zur Rechten aber laufft der obgedachte Arm von der Thonau vorüber / allda ein Brücke von Holtz / so man die Schlagbrücke nennet; und kompt man durch das äussere Thor in eine weite Gassen / da zur Lincken niedere Mauren / zur Rechten aber die besagte Thonau / daran etliche Bevestungen am Gestad auffgericht / biß zum Rothenthurn / und noch ferners biß zu einem andern äussern Thor / bey welchem die angedeute Gassen enger wird / und von solchem an / die Statt lange / hohe / und starcke Mauren hat / auff welchen 3. Wachthäußlein erbauet seyn / welche sich biß zu dem Zeughauß / desselben Ein- und Außgang / und die nächste Pastey / erstrecken / und da auch ein Auffzugbrücke ist. Und ist solche dritte Pastey schön und groß. Von hinnen gelangt man zum Neuenthor / daselbsten Heinrich Matthaeus / der ältere / Graff von Thurn / Anno 1619. durch einen angeschraufften Petarden / die Statt / mit seiner Reuterey / so zu Eberstorff gewartet / zu erhaschen vermeint hat. Ferners hat man die vierte Pastey / bey welcher ein hoher Wall gegen dem Schottenthor / da die Statt sehr tieffe Gräben hat / die sich / sampt dem Wall / biß zur fünfften Pastey / erstrecken / daselbsten neulich starck gebauet / und die Statt mehrers / und nothwendig befestiget worden ist. Und allhie hatte das Tieffenbachisch Regiment / so zu Hörnals gelegen / in die Statt brechen sollen / wann der obvermeldte Anschlag mit dem Petarden angangen / und solcher nicht / durch einen Liebhaber seines Vatterlands / entdecket worden wäre. Ferners kompt man zur sechsten Pastey / daselbst Herr Statt-Obrister / der Freyherr Löbel / seliger / ein Gärtlein mit einem Lusthause / ihme hat erbauen lassen. Und ist besagte Pastey vor wenig Jahren renovirt, und verbessert worden / daß sie in der Schönheit die andern alle übertreffen solle. Und erstreckt sich obgemeldter Wall nicht allein hieher / sondern biß zu der Käiserlichen Burg / daselbsten man die Gräben tieffer gemacht hat: Und gelangt man so dann zum Burgthor / bey welchem die siebende / und zwar grosse Pastey ist / so hinden her noch ein kleinere / wie eine Casamata, oder Schlupffwinckel deß Bollwercks / aber nicht in die Höhe auffgerichtet / sondern gantz gemauert / hat. Und an diesem Ort / hat obbesagter Graff von Thurn in die Käiserliche Burg / und gar in die Ritterstuben / und Ante Cameram, auß S. Ulrichs Vorstatt schiessen lassen; deßwegen man in folgenden Jahren da gewaltig an der Pastey / und sonsten / gebauet / und also von aussen besagte Käiserlich- und Ertzhertzogliche Residentz stattlich versichern lassen / daß man sich da keiner Gefahr mehr zu besorgen. Und gehen solche neue Fortificationen biß schier zu dem Kärner Thor / vor welchem die achte / und zwar starcke / grosse / schöne / und fürtreffliche Pastey / gantz von Ziegelsteinen auffgeführt / zu sehen ist / so ihre Casematen hat: Und wohnet auff solchem Thor / so nächst an besagter Pastey ist / der Statt Wachtmeister. Von diesem Thor an ist / an statt deß erwehnten Walls / ein hohe von Ziegelstein auffgeführte Mauer / und seynd die Gräben sehr tieff und hoch. Und folget so dann die neunte Pastey / auch gar stattlich / wie die vorgehende / sampt der Wasserleitung in die Statt. Von hinnen ist wieder ein Wall biß zu der Zehenden / so auch die Obere Stuben Pastey genant wird; stattlich / groß / und hoch / und mit einer Mauer von Ziegelstein umbgeben ist / so an den Ecken Quaderstein hat; welche Pastey vom Käiser Ferdinando I. erbauet worden / allda ein Schrifft mit guldenen Buchstaben / auff einer steinern Tafel / zu lesen; wie solches auch an den vorgehenden in acht zu nehmen ist. Es sollen aber diese Werck / wie sie ums Jahr 1636. gewesen / hernach noch mehrers verbessert / und diese Statt noch gewaltiger / wie unten in den Geschichten folget / zu befestigen angefangen worden seyn. Zu ihrer und besagten Thor / und Vestungen / Beschützung / seynd in gemeldtem Jahr 1636. bey die tausend zu Fuß / in acht Fähnlein abgetheilt / unterhalten worden; deren monatliche Besoldung auff einen Kopff sechs gulden seyn solle. So etwann Kriegsgefahr verhanden / so legt man auch etliche Cornet Reuter in die Vorstätte / und müssen ingleichem die Burger / so unter vier Fahnen vor diesem eingetheilt gewesen / wann es noth thut / wachen. Und haben sich wol auch die Studenten etwann / im Nothfall / darzu gebrauchen lassen. Inwendig ist die Statt schön erbaut / und seynd viel Häuser allda / so vor Fürstliche Palläst anzusehen;

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Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_129.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)