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Nach dem nun solches Henricus vernommen / hat er den heiligen Märtyrer / Anno 1015. durch Meginhardum Bischoffen zu Aichstätt / sampt der gantzen Clerisey / von Stockerau nacher Melck in das Closter transferiren, und stattlich begraben lassen / allda gleichfals viel Wunderzeichen geschehen. Obbemelter Henricus ist gestorben Anno 1018. und ligt sampt seiner Gemahl Schwanhilde zu Melck begraben. Verliesse zween Söhn / Adalbertum und Ernestum, Ernestus war Fürst in Schwaben / Adalbertus aber Marggraff in Oesterreich / dieser nahme zur Ehe Adelhaidem, Petri deß Königs in Ungarn Schwester / und erzeugte mit ihr Leopoldum den Andern diß Nahmens / welcher vor dem Vatter starb / und zu Trier begraben ligt / sein Frau aber Frobiza genant / ruhet zu Melck. Gedachter Adalbertus, hat dem Closter ein köstlichen particul von dem Heiligen Creutz / mit welchem sich viel und grosse Wunderzeichen zugetragen / verehrt / welches nachmaln von Rudolpho dem Vierten / Hertzogen in Oesterreich mit Gold und köstlichen Edelgesteinen gezieret worden / und biß auff den heutigen Tag mit grosser Reverentz und Devotion allhie auffbehalten wird / und obwoln es etlichmaln entfrembdt worden / ist es gleichwol allzeit durch Göttliche Providentz dem Closter wiederumb zukommen. Adalbertus starb Anno 1056. ligt sampt seiner Gemahl zu Melck begraben. Diesem succedirte sein Sohn Ernestus, mit dem Zunahmen Strenuus, hatte sein Residentz zu Melck / und thäte wider seine Feind offt obsiegen. Dieser hat dem Closter den Spitz von der Lantzen deß H. Mauritii, in welchem ein Stuck von dem H. Creutz wunderbarlich eingedruckt / geschenckt / ist unter dem Käiser Heinrich in einer Schlacht wider die Sachsen umkommen / ward Anno 1075. nacher Melck geführt / und allda neben seiner Gemahl Mechtilde, sampt einer jungen Tochter Juditha, begraben. Sein Sohn Leopoldus der Dritte folgete ihm in der Regierung / nahme zur Ehe deß Käisers Heinrichs deß Dritten Tochter / Itha genant. Dieser hat den Orden S. Benedicti allhie in das Closter eingeführt / und eingesetzt Anno 1089. an dem Tag deß Heiligen Benedicti, der erste Abbt hiesse Sigisboldus, und werden von demselbigen biß auff gegenwärtige Zeit 50. Aebbten gezehlt. Leopoldus starb 1096. und wurde zu Melck begraben / Itha aber ist nach seinem Tod zu dem H. Grab geräiset / und als sie wieder nach Hauß wolte / starb sie im Griechenland / und war alldort begraben.

Leopoldo dem Dritten succedirte sein Sohn Leopoldus der Vierte / mit dem Zunahmen Pius, dieser hat zwey fürnehme Clöster / als Neuburg und H. Creutz reichlich gestifftet / das Closter Melck aber erhebt / und mit mehrerm Einkommen begabt / auch dem Römischen Stul unterworffen / dahero es jährlich ein Ducaten wegen der exemption zu reichen pflegt / und haben vor Jahren die Aebbten pro Confirmatione Apostolica nacher Rom verräisen müssen.

Anno 1110. ist durch Verordnung deß H. Leopoldi, das Closter / von Udalrico Bischoffen zu Passau zu Ehren der Heiligen Aposteln Petri und Pauli dedicirt, und geweihet worden. Dieser Gottselige Marggraff starb Anno 1136. und war begraben zu Closter Neuburg / ist nachmahlen von Innocento VIII. An. 1485. solenniter canonizirt worden. Dabey zu wissen / daß die Marggrafen zu Oesterreich ihr Residentz zuvor meistentheils zu Melck gehabt / aber der H. Leopoldus hat solche auff den Calenberg / und folgends nach Wien transferirt. Das Closter Melck ligt in einer zimlichen Höhe / und ist ein Paß zu Wasser und zu Land / also daß es nicht allein der Thonau / sondern auch der Gegend herumb gebieten kan / hat durch inheimische Krieg / und unterschiedliche Feursbrunsten grossen Schaden erlitten. Anno 1619. ist es von denen Evangelischen Ständen über ein Monatlang belägert worden / haben aber unverrichter Sachen / wiederumb müssen abziehen. Und ob es zwar der gemeinen Sag nach / den Nahmen eines räisenden Mezen hat / ist doch solcher dieser Zeit wegen continuirlicher Aböd- und Verwüstung deß Lands mercklich geschmälert worden. Es wird auch allda ein Wein der Colmans Wein genant / auffbehalten / welcher über 300. Jahr solle alt seyn. So hat auch das Closter vor allen Praelaten diß Lands bey offentlichen Versamlungen und Landtägen die Praecedentz und Vorgang. Besihe Lazium lib. 8. migrat. Gent. fol. 420. et lib. 12. Commentar. Reipubl. Rom. sect. 7. capite 7. fol. 1093. Phil. Cluver. de Ant. Germ. Aventinum lib. 5. Annal. fol. 322. Matthaeum à Pappenheim, in Chron. Australi, und Cuspinianum in Austria.


Neuburg.

Zugenant Closter Neuburg / Claustroneoburgum, oder Claustrum Neoburgum, wie man ins gemein redet / wiewol solches von Theils für unrecht gehalten wird. Bonfinius nents Claustrum-Burgum / Es ist dieses eine Landsfürstliche Unter-Oesterreichische 2. Meil Wegs oberhalb Wien / an der Thonau / und nahend dem Kalenberg / gelegne Statt / welche Anno 1275. mit sonderlichem List / und Behändigkeit etlicher wenig Bayern / in Käiser Rudolphs deß Ersten Gewalt kommen; wie beim Brunnero lib. 15. Annal. pag. 874. seqq. zu lesen. Das berühmte Closter allhie / (von welchem man ins gemein die Statt / wie gesagt / Closter Neuburg / zum Unterscheid Korneuburg / davon oben / nennet) hat der H. Leopoldus, Marggraff von Oesterreich / und sein Gemahlin Agnes / Käisers Henrici IV. Tochter / Anno 1114. (Lazius sagt ums Jahr 1120.) gestifftet. Waren anfangs Canonici seculares unter einem Probst allda / die aber hernach S. Augustini Regul angenommen / und noch haben; die folgends von etlichen Päbsten mit vielen stättlichen Freyheiten begabt worden; die auch bey Straff deß Banns / daß solchem Closter kein Leyd / und Gewalt / angethan werden solle / gebotten haben. Besagter H. Leopoldus, so mit gedachter seiner Gemahlin 18. Kinder gezeuget hat / ist Anno 1136. gestorben / und in solchem Closter / wie Cuspinianus in Austria fol. decimooctavo bezeuget / begraben worden. Ist eines von den fürnehmsten Clöstern in Oesterreich /

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Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_087.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)