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I.

Ertzhertzogthum Oesterreich.

Dieser Nahm heist so viel / als ein Land / oder Reich / gegen Morgen / oder der Sonnen Auffgang / gelegen: gleich wie Austrasia so viel / als ein Orientalisch Königreich heisset; wiewol es die Alten / als die es nicht alle recht verstanden / vom Austro, das ist / dem Mittag / hergeführt; da Sie dafür Ostrasia, Oesterreich / vom Oost; gleich wie Ostrogothia, und Ostrofrancia, gegen Auffgang gelegen / solten geschrieben haben; als wie die Griechen auch Oesterreich Οςρίκιον nennen. Es ist Ostria, oder Oesterreich / vor Zeiten zum theil das Ober-Pannonien genant worden / in welchem Lande etwan deß Ptolemaei Teracatriae, und Racatae, wie man darfür hält / gewohnt / weilen die Polen noch heutigs Tags die Oesterreicher Rakuszy, die Böhmen / und Mähren aber sie Rakaussy, und Rakussané, nennen. Pirckheimerus will / daß des Ptolemaei Curiones, und Chaetuori, um Crembs / und dorthinein gegen Znaym / und Niclasburg gesessen. Lazius vermeynt / daß auch die Boii einen guten Strich von diesem Land inngehabt / ehe Sie dannen von den Marcomannern vertrieben worden: Zu welchen sich folgends die Longobarden / und andere Völcker gesetzt; Jenseit der Thonau aber haben die Norici gewohnt. Es hat dieses Land hernach lang zum Königreich / und Hertzogthum Bayern gehört / welches Könige / und folgends Hertzogen / zu Beschützung der Gräntzen / einen Marggrafen dahin verordnet haben / welche Würde mit der Zeit erblich / und die Marggrafen endlich gar umbs Jahr 1156. durch Käiser Friederichen den Ersten / der Bayrischen Jurisdiction entzogen / und das gantze Land / vom Einfluß deß Inß in die Thonau / biß an die Enß / zu Oesterreich geschlagen / und Marggraff Heinrichen von Oesterreich / mit dem Hertzogs Titul / erblich übergeben worden: Und hat / auß seinen Nachkommen / der letzte deß Bambergischen Stammens / und der ersten Marggrafen und Hertzogen zu Oesterreich / nemlich Hertzog Friederich der Streitbare / so Anno 1246. gestorben / auch am erste den Titul eines Ertzhertzogen zu Oesterreich umbs Jahr 1245. vom Käiser Friederichen dem Andern erlangt: Dessen Bruders / Hertzog Heinrichs deß Unbarmhertzigen / Tochter / die Gertrud / Marggraff Hermann zu Baden geheuratet / dessen Sohn Friderich Hertzog zu Oesterreich / und Marggraff zu Baden / Anno 1268. oder 69. zu Neapoli / mit dem letzten Hertzogen auß Schwaben / dem Conradino, geköpfft worden ist. König Ottacker in Böheim / der allbereit durch etliche Oesterreichische Herren vorhero gleichsam beruffen worden / nahm ernanten Hertzog Friedrichs deß Streitbaren / und Letzten auß dem Bambergischen Stammen / Schwester Margaretham, wiewol sie schon alt gewesen / zur Ehe / damit Er einen bessern Titul zu Oesterreich haben kunte; wiewol Er sich / als er das Land bekommen / hernach wieder von ihr hat scheiden lassen. Er muste aber folgends mit Käiser Rudolffen dem Ersten deßwegen kriegen / und blieb Er endlich den 25. Septembris Anno 1278. beym Stättlein Laha in Oesterreich / in der Schlacht. Darauff der Käiser / auß Bewilligung deß Reichs / seinen Sohn Albrechten zum Statthalter über Oesterreich setzte; und ihme folgends die Länder Oesterreich / Steyer / Crain / und die Windische March / Anno 1282. völlig verliehe; von welcher Zeit an biß daher Oesterreich bey seinem Hochlöblichsten Hauß Habspurg verblieben / unangesehen man sich etwan unterschiedlich dasselbe um solches Lande zu bringen bemühet hat.

Es wird aber Oesterreich / durch die Enß in das Unter- und Obere getheilet / und hat das Land unter der Enß / oder Unter-Oesterreich / zu Gräntzen / von Morgen Ungarn / vom Abend Ober-Oesterreich / von Mitternacht Böheim und Mähren / gegen Mittag das Steyrisch Gebürg / so sich weit und breit erstrecket. Wird getheilet ins Steinfeld / Tulnerfeld / Marchfeld / und Genßfeld bey Weitracht; Item / in das Land Unter- und OberWiener-Wald; Unter- und Ober Meinhartsberg. Zu den Landtägen erscheinen die Bischöffe von Wien / und Neustatt / so beede Käiser Friederich der Vierte gestifftet / jetzt aber einer verwaltet; Item / der Großmeister S. Geörgen Ordens / so auch von besagtem Käiser seinen Ursprung hat / ein Fürst ist / und gemeinlich in Kärndten wohnet: Darnach der Teutsche Meister; Item / der Meister deß Malteser Ordens: Die Pröbste zu Wien / Neuburg / und andere. Unter den Aebten hat den ersten Sitz der von Melck / deme andere / und folgends die drey Carthäuser Priorn / Asspach / Gemming / und Maurbach / nachgehen. Es schicken auch die Dombherren zu Wien einen Gesandten. Diesen folgen die Weltliche Stände / als Fürsten / Grafen / Herren / so der ander; und dann der Ritter / oder dritte Stand / welchen die vom Adel / so würckliche Land Leute / und in der Landtafel eingeschrieben seyn / machen. Der vierte Stand bestunde vor diesem auß den Stätten / jetzt nicht mehr; sondern es seyn solche vor Jahren dessen entsetzt worden; Werden gleichwol noch zu den Landtägen beschrieben / und angelegt / schicken ihren

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Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_019.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)