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Gräntzen deß Waßgäus / zu welchem sie auch von Theils: von andern aber noch zum Undern-Elsaß / weil sie mit der Oesterreichischen Land-Vogtey Hagenau incorporiert ist / gezogen wird. Stösset hart an die Undere-Pfaltz / und das Ampt Germersheim. Beatus Rhenanus sagt: Daß sie der Alten Sebusiorum Sitz gewesen / daher man auch darfürt halte / daß dieser Stadt Nam von denselbigen / unnd nicht von der weissen Burgher kommen sey. König Dagobertus auß Franckreich / hat hieher ein silherne / und übergüldete Cron / mit leinen Thürnen / und schöner Arbeit gezieret / verehret / so vier und zwantzig Schuh in der Weite gehabt: wie noch vor dem jetzigen Krieg eine allda in der Kirchen von Kupffer gehangen / und vielleicht noch / so aber nicht deß besagten Königs Dagoberti ist. Und dieser König hat auch diesem Ort die Freyheit geben / daß in einem gewissen Bezirck ümb die Stadt (so an etlichen Orten einer Meilen breit / mit hohen Marcksteinen besetzt ist / und darinn viel Dörffer ligen) die Innwohner desselben gute Macht / Fug / und Gerechtigkeit / zufischen / hoch und nider Wildpret zujagen / und zufahen / haben solten: welcher Bezirck ins gemein Mundat / von gedachtem König aber Emunitas genandt wird. Und seyn die Mundat-Herren der Probst / und Raht allhie. Und ist da ein mächtig und reiche von Abbtey Anno Christi 623. gestifftet / und von ihme dem König Dagoberto (dessen Tochter Irmina allhie ruhet) reichlich begabet / und vermehret / under welchem Kloster vor Alters auch diese Stadt (wiewol sie älter / als das Kloster seyn solle) gewesen / welche ümbs Jahr 1262. durch Abt Friderichen mit Mauren beschlossen / hernach von seinem Nachfahr Edelino mit Gräben und Bollwerck ümbfangen / in folgender Zeit aber ein Reichs-Stadt: gleich wie Anno 1523. auß der Abbtey ein Probstey / und dieselbe Anno 1546. von Herren Philippo von Fleißheim / Bischoffen zu Speyer / und[1] Probsten allhie / auff Zulassen Käysers Caroli V. und Pabst Pauli III. dem Stifft Speyer incorporiert, worden ist. Käyser Carolus IV. hat den Abt allhie / wie auff die zu Fulda / Kempten / und Murbach / Aebte deß Käyserlichen Throns / oder Cathedrae gemacht / und mit dem Fürsten-Titul gezieret / die auff offentlichen Reichs-Tägen zu deß Käysers Füssen sitzen sollen. Es hat der Probst noch etliche Gerechtigkeiten allhie / der auch einen Schultheissen an das Staffel-Gericht setzet / welche bißhero gemeinlich von Adel gewesen: Es fallen auch die gemeinen Schlag- und Mund-Frevel einem Probst / und seinem Schultheissen / der sie dem Probst zuverrechnen hat. Und appellieret man von solchem Staffel- oder Under-Gericht / an das Ritter-Gericht / welches alle drey Jahr allhie gehalten wird; und von solchem so dann an das Kammer-Gericht. So hat es auch in dieser Stadt einen besondern Vogt / so mit der Zeit an die Stadt / folgends Anno 1525. bey Pfaltz-Graff Ludwigs Belägerung / an Chur-Pfaltz / und Anno 1559. wider an die Statt kommen / da auß dem Raht der Eltist zu einem Stadt-Vogt / gezogen wird: Welcher in Peinlichen Sachen / wegen der Käyserlichen Majestät / exquiren läst. Das Teutsche-Hauß allhie / hat Hohe Freyheiten / darinn auch ein Todtschläger sich etliche Wochen auffhalten mag. Und was obgedachten gefreyten Bezirckt anbelangt / so ist in demselben das Fischen in der Luter / auch andern Bächen: Item / das Hasen jagen / und ander Weydwerck / deßgleichen das Holtzhauen auff gemeinen Wälden / und der Weydgang auff den Almenden / frey. Die Stadt selbsten ligt gar wol; hat einer trefflichen Weinwachs; gibt auch viel Kästen / oder Castanien / so weit verführet werden / herümb / darvon beydes die Bürgerschafft / und ümbligende Flecken / ihre Nahrung haben. Bey der Haupt-Kirchen / neben einem Creutzgang / ist vor dem Krieg ein schöner grosser Hagendorn / zwey Zimmer hoch / wie ein Lindenbaum außgebreytet / und darauff etliche Tisch gestanden / welches wunderbar außgesehen: wie Herr Augustin Frey-Herr von Mörßberg / Ritter / in seinen Reysen /in Anno 1590. gedencket. Mag vielleicht noch da stehen. Es ist auch sonsten vor gedachtem jetzigen Krieg / diß ein sehr lüstige / wolerbaute / schöne Häuser / und Lust-Gärten habende / und / wegen deß frischen Wassers der Lauter / so fast durch alle Gassen fleust / gar saubere Stadt gewesen: allda beyde Religionen seyn. Auß welcher bürtig gewesen / Otto Monachus Weissenburgensis, so Anno 875. gelebt hat: Item / Jacobus Nevisus der Rechten Doctor, Jod. Ludovicus Decius, Königlich Polnischer Secretarius, der lib. 3. de vetustate Polonorum dieser Stadt Gelegenheit insonderheit beschreibet: Item / Johann Gugler / Theologiae, Jurisprudentiae et Medicinae Doctor, und viel andere gelehrte Leut mehr. Anno 1469. und 70. hat diese Stadt mit Pfaltz-Graff Friderico Victorioso Krieg geführet / welcher daher entstanden. Es hatten die Mönch in der Fürstlichen Abtey allhie sehr ärgerlich gelebt / das Kloster mit zwantzig tausend Gülden Schulden beschwärt / fast alles verpfändet / und vereussert: deßwegen sich jetzgemeldter Pfaltz-Graff / nach empfangener Commission vom Pabst / und auch / als ein Land-Vogt im Elsaß über diese Stadt / so neben andern / in die Land-Vogtey Hagenau gehört / deß Handels angenommen / und zween Aebt anderswoher nach Weissenburg hat kommen lassen / das Kloster zu reformieren. Der Stadt Raht war es zufrieden. Und als man der Reformation einen Anfang machen wolte / und ein Doctor Theologiae, und Professor zu Heydelberg / auff der Cantzel allhie zu Weissenburg predigte / siehe / da fängt der gemeine Mann einen Tumult an / und schreyet / hinweg mit den neuen Mönchen / so andere vom Adel vertreiben wollen / man sol die gründige Schelmen todt schlagen. Die Reformatores waren erschrocken: doch hat der Raht das Volck gestillet / daß man mit der Refomation fortgefahren / und / nach dem die alte Mönch darvon gelauffen / die Neue eingesetzt. Ein Jahr hernach haben die Bürger zu Weissenburg / so vorhin Chur-Pfaltz geschworen hatten / sie wolten den neu eingesetzten Abt / mit seinen

  1. WS: Im Original uud
Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Alsatiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1647, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Alsatiae_(Merian)_145.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)