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Knopff ist Achteckicht / hat im Umbkreiß vier Schuh / und vier Zoll / und im Diametro ist er ein Schuch / und sechs Zoll breit. Etliche zehlen 635. Staffel von unden hinauff / daß er also höher / als der zu Landshut / wiewol denselben Theils für den Höchsten in Teutschland halten wollen. Es seynd nicht allein die vier / sondern auch die acht Schnecken / so künstlich und durchsichtig erbauet / daß einer die Leut auff- und absteigen sehen kan. Und finden sich dannoch Leuthe / die ein Drinckgeldt nehmen / und zu oberst gar hinauß steigen / das Wammes außziehen / das herab werffen / und ein Fähnlein / oder Facinet / schwingen. Wo die Wächter wohnen / hat es einen weiten Platz / daß man da spielen / und kuglen kan. In Summa / es ist dieser Thurn (an welchem das Wetter Anno 1641. den 20. 30. Aprilis / zimlichen Schaden gethan) eines von den Wunderwercken der Welt. Obgedachter Erasmus hat gesagt: Daß an Grösse / Stärcke deß Wercks / und an der Kunst / dergleichen weder in Europa, noch Asia, gefunden werde. Die Kirchen selbsten hat sehr schöne Glaßfenster / und seyn insonderheit auff der Seiten bey dem Brunnen / die Geschichten deß Neuen Testaments. Und seyn auch die Bilder / Schrifften / Epitaphien, etc. inn- und bey denselben wohl in acht zu nehmen. Hat auch unden in der Kirchen ein herrlich und gantz künstliches Uhrwerck / so Anno 1574. vollendet worden. Heraussen vor der Kirchen ist ein Zeig-Uhr / welche von diesem Werck auch getrieben wird. Es hat auch da ein schönes Cimbelwerck. Die Orgel ligt hoch / darzu man 137. Staffel hinauff / und wider 30. herab zugehen hat: darbey 2136. Pfeiffen seyn. Sie hat in der Weite / im Diametro einen Werckschuch / und vierdthalben Zoll / und in der Länge sieben und zwantzig Schuh / und neun Zoll. An der überauß künstlich schönen und köstlichen steinernen Cantzel / Anno 1486. erbauet / seyn wunderliche Sachen zu sehen. Gegen über stehet der Brunn / so der ältisten Stück eines im Münster. Der Altär seyn zween / der im Chor wird der Fron-Altar genandt / darauff ein überauß künstliche Altar-Tafel / von erhobener / geschnittener Arbeit; allda gleichwol die Canonici nichts zuverrichten / sondern es haben die gantze Kirch die Evangelische innen. Hinder diesem Münster aber (darinn stäts Hunde zur Wacht gehalten werden) haben die Dom-Herren einen schönen wohlerbauten Hoff. Ferners / so ist allda das Stifft zu S. Thoma, welches die Professores der Hohen Schul / mit Consens deß Bischoffs Erasmi, so Anno 1568. gestorben / bekommen / und innen haben / und under sich selbst einen Probst und Dechand / etc. erwehlen. Item / so seyn da die Stiffter zu S. Peter / alt / und jung / so zwar noch ihre Catholische Canonicos haben; aber es werden beyde Kirchen nur von den Evangelischen gebraucht / die / neben diesen Vieren / noch drey andere Kirchen haben / in welchen Sieben alle Sontag geprediget wird: Darunder die zu S. Wilhelm ist / daselbst es ein Stifft vor arme Studenten hat: Und thun in solcher Kirchen die Land-Graffen im Elsaß / Philippus und Ulricus, ruhen. Die andere beyde seyn zu S. Aurelien / und S. Niclaß. Das Dominicaner Kloster hat man zur Schul gewendet; darinn auch der Hohen-Schul Bibliotheca, und das Theatrum zu den Comoedien ist. Es hat aber Ein Ersam. Hochweiser Raht allhie Anno 1538. ein Gymnasium auffgerichtet / auß welchem Anno 66. auff Zulassung / und Befreyung / Käysers Maximiliani II. ein Academia, und endlich / Anno 1621. ein Universitaet, auff Käysers Ferdinandi II. Begnadigung / worden ist / also / daß man nunmehr allhie in allen Facultaeten, Doctores, auch Poeten, machen thut / wie beyder Käyser Privilegia beym Johanne Limnaeo zulesen. Und weiln allerhand Exercitia, als Reiten / Fechten / Tantzen / und andere / neben den zwey Ball-Häusern / Instrumental-Music, und dergleichen / so die Jugend zu erlernen pfleget / da gar gut seyn: So hat auch solche Hohe-Schul / vor andern / auß frembden weitentlegenen Orthen / einen grossen Zulauff. Und ist dannoch darneben ein Gymnasium; und haben die Praeceptores solcher sieben Classen (deren vor diesem zehen gewesen) ihren Underhalt von dem Einkommen deß Barfüsser Klosters / (darinn ein schöne Kunstkammer zusehen) bey welchem der schönste / und gröste Platz in der Stadt ist. So seyn vorhin / und vielleiche jetzt wieder / arme Schüler von dem Einkommen deß Klosters S. Marx in der Vorstadt erhalten worden. S. Stephani Kloster hat Adalbertus, deß Ersten Hertzogen im Elsaß / deß Attici, oder Ethiconis, zugenandt Adelricuz / Sohn / und der H. Otiliae Bruder / erbaut / dessen Tochter Attala, oder Atilla, die erste Aebtissin allda gewesen / deren Hand man noch allhie auffhalten thut / und welcher Schwestern die Eugenia und Gerlinda, genennet werden. Die Aebtißin hat etliche bey sich / so alle vom Adel / die sich aber verheyrahten mögen; und der Augspurgischen Confession zugethan seyn. Die Römisch-Catholischen hatten vorhin vier Ort innen / nämlich / S. Johanns-Stifft / das Teutsche Hauß; und zwey Nonnen-Klöster / zu S. Margrethen / und den Poenitentzern / oder Reuerin. Es seyn aber die drey Erste / weiln sie alle an der Stadtmauer gelegen gewesen / wegen mehrer der Stadt Sicherheit abgebrochen / und andere Wohnungen darfür eingeräumbt worden. Und hat der Commenthur zu S. Johann sich Anno 1633. in die Probstey zum Jungen S. Peter; der Commenthur deß Teutschen Hauses in die Dechaney erstgemeldten Stiffts; die Kloster-Frauen aber zu S. Margrethen / in das Nonnen-Kloster[WS 1] der Reuerin / logieret. Die Carthauß ausser der Stadt ist von dreyen Straßburger Bürgern Anno 1340. erbauet: aber Anno 1591. durch die Stadt Straßburg / wieder abgebrochen worden. Und seyn die Carthäuser auff Moltzheim gezogen: Nach den Kirchen / und Klöstern (deren etliche gantz gesperret seyn) folgen die Blatter: Krancken: und Fündel-Häuser: und sonderlich der ansehnlich reiche Spital / darinn ein eigene Apotheck / und bestälter Doctor. Ist Anno 1398. gemacht worden / und hat vor diesem Krieg so viel Gefäll gehabt / daß Jährlich

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Nonnen-Koster

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Alsatiae. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1647, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Alsatiae_(Merian)_125.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)