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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246

und Freudejauchzen, alles Dürftige war reich geworden, alles Unzufriedene und Geängstigte glücklich und zufrieden.

Ich war nun nicht mehr in Zweifel, was es sei, das sich zutrug, es war nehmlich der sogenannte jüngste Tag, den ich so oft zu erleben gewünscht hatte, ohne mich mit dem Sterben zu bemühen, sondern, daß es sich fügen möchte, daß er mir plötzlich auf die Nase schiene, indem ich an nichts weniger gedächte. Wie es denn oft geschieht, daß die fast unmöglichen Ideale und Wünsche der Jugend in Erfüllung gehn, so war es mir auch dies eine Mahl so gut geworden, ohne daß ich selber etwas dazu zu thun brauchte, was in der That nur selten vorkommt.

Ich war nun schon darauf gefaßt, daß sich alles so zutragen würde, wie man es immer in Ansehung dieser Feierlichkeit beschrieben findet und ich hatte mich nicht geirrt, denn es kam ohngefähr so heraus. Ganze Schaaren von Engeln und Geistern zogen durch die verklärte Luft und ein feuriger Thron ward für den Richter zubereitet, der sich niedersetzte zu richten die Lebendigen und die Todten. Ein großes Posaunen fing an, zwischen

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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246. Frommann, Jena 1800, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tieck_Das_juengste_Gericht_1800.pdf/8&oldid=- (Version vom 22.12.2016)