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spricht)... Es ist mir ein großer Trost und eine Herzensfreude, daß ich merken darf, wie unser lieber Herr Rektor mit der Sache zusammenwächst und doch neben der großen Mühsal auch Freude hat. Es freuen ihn auch die Blauen jetzt so, und er setzt große Hoffnungen auf diesen Kurs. Sie haben auch nacheinander gebeichtet, und er sagte neulich einmal in einer Blauen Stunde: „An der Beichte hängt die Zukunft unserer Sache.“ Das ist alles doch großer Trost. Ja, wir können wohl nicht dankbar genug sein, daß Gott alles so gewendet. Aber wir wollen treulich beten, daß der böse Feind keine Macht unter uns findet.

 In Schwabach ist Schwester Amalie Waßer eingeführt worden. Sie war sehr verzagt. Ich las ihr unterwegs im Coupé laut das Sendschreiben an die Gemeinde in Philadelphia vor. Herr Rektor war schon vor uns dort und legte bei seiner Ansprache auch das Sendschreiben an Philadelphia zugrunde. Das war mir sehr beweglich und stärkend. Gott wird uns dort eine offene Tür geben! – Das Witwenhaus wird sehr hübsch. Die Hostienbäckerei wollen wir ganz ins Feierabendhaus verlegen. Die Erziehungsanstalt kommt ins alte Waschhaus. Es ist noch so viel zu ordnen diesen Sommer! Viele Schwestern sind hier, auch welche aus Norwegen und Mitau...

In treuer Liebe Deine Therese.


An auswärtige Schwestern.
Neuendettelsau, 12. Juli 1892

 Meine lieben Schwestern, ich weiß, daß Ihr gern einmal wieder einen Gruß Euch gefallen laßt aus Eurer und unserer Heimat und daß Ihr gerne höret, was gerade die Seelen am Ort des Mutterhauses bewegt. Ich schreibe in der Morgenstille draußen, wo Wald und Flur, der Vögel Gesang und die wogenden, der Ernte harrenden Felder noch mächtiger zum Herzen reden im Eindruck der vorigen Sonntagsepistel und der Predigt, die wir darüber gehört haben. Laßt uns immer wieder danken dafür, daß unser Mutterhaus auf dem Lande ist und wir dadurch sonderlicher Wohltaten für Leib und Seele teilhaftig werden, aber laßt uns auch sehnsüchtig werden nach der Verklärung aller Dinge auf der neuen Erde, da nicht mehr das tiefe Weh auch auf den lachendsten Gefilden

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/97&oldid=- (Version vom 14.8.2016)