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An Schwester Charlotte Steinmann.
Neuendettelsau, 20. Juni 1892

 Meine liebe Schwester, du brauchst Dich nicht nicht um mich zu sorgen, ich bin ganz still und zufrieden, und Gott löst die schweren Dinge alle selber, und ich schaue Ihm nach, wie Er sie zurechtbringt. Aber beten und flehen, ja Tag und Nacht Ihn anlaufen, das möchte ich noch besser können...

Deine Therese.


An Schwester Frieda von Soden.
Neuendettelsau, 8. Juli 1892 (St. Kilianstag)

 Meine liebe Frieda, erinnere mich, wenn wir wieder zusammenkommen, daß wir miteinander von der heutigen Predigt sprechen. Sie war mir so bedeutungsvoll für unser Berufsleben und fürs andere Leben. Apg. 11, 1–18 war an der Reihe: die Freiheit der Gnade und die Befreiung durch die Gnade. „Die Gnade ist an nichts gebunden als an die Not und das Schuldgefühl der Seinen.“ Ach, wie trinkt man diese Worte in sich hinein! Und weil die Gnade so ganz frei ist, so sollen wir hoffen für die vielen, die von ihr scheinbar noch unberührt sind.

 ...Heut ziehen die Grünen in ihren neuen Schlafsaal ein. – Ich gebe im Blödenhaus auch wöchentlich eine Stunde.

Gott behüte Dich! Deine Mutter.


An Schwester Charlotte Kollmann.
Neuendettelsau, 4. n. Trinitatis 1892

 Meine liebe Charlotte, heut ist die schöne Epistel von der Freiheit der Kinder Gottes, die einst der ganzen Natur sich mitteilen wird. Wir wollen uns doch sehnsüchtig ausstrecken nach der Freiheit und Ewigkeitsmenschen zu werden trachten, jeden Tag ein wenig mehr. Am Mittwoch abend hatten wir solch eine schöne Stunde von der Mystik. Herr Rektor las uns etwas vor von Meister Eckehart, daß fünf Stücke einen Ewigkeitsmenschen charakterisieren; das erste ist, daß er „kein clegelich Wort mehr gesprichet“ (kein klagendes Wort mehr

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/96&oldid=- (Version vom 14.8.2016)