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...Ach, laßt in dieser heiligen Zeit etwas ausströmen von Euch auf das ganze Heer der alten Männlein und Weiblein, daß sie es unwiderstehlich fühlen, daß es ein Glück und einen Frieden auf dieser armen Welt gibt, der an der Krippe und am Kreuz entsprungen und durch nichts geraubt und gestört werden kann.

In Liebe und Treue Deine Therese.


An die Schwesternschaft.
Montag nach dem 3. Advent 1891

 Meine lieben Schwestern, noch ehe das Jahr sich zu Ende neigt, wollen wir unsere regelmäßigen Briefe an die Außenstationen wieder ihren Anfang nehmen lassen, um sie dann nicht so leicht wieder zu unterbrechen. Zwar ist nicht zu fürchten, daß wir in den letzten Monaten auch ohne diese Art von Verbindung eine schwache Fühlung miteinander gehabt hätten. Sind uns doch gewaltige „Verbindungsbriefe“ geschrieben worden. Aber ich weiß doch, daß Ihr mit Recht den Anspruch erhebt, alles und jedes, was am Ort des Mutterhauses die Gemüter bewegt, mitzuerleben.

 Gestern sind’s acht Tage gewesen, daß unsere gute Schwester Gertrud Hahn abgerufen wurde. Nun darf sie mit unseren beiden seligen Vätern die himmlischen Gottesdienste feiern, wie sie so oft dieselben mit ihrem Gesang und Spiel im irdischen Heiligtum verherrlicht hat. Wenn’s Gott gefiele, nun eine Weile des Sterbens genug sein zu lassen unter uns, so wollten wir’s Ihm von Herzen danken. „Erfreue uns nun wieder“, bitten wir mit dem Sänger des 90. Psalms, und am gestrigen Abend sang der Schwesternchor die Antwort: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet!“

 Im neuen Kirchenjahr wird im Hauptgottesdienst über die Episteln und nachmittags im Feierabendhaus über die Evangelien gepredigt. In den Christenlehren soll die Augsburgische Confession besprochen werden. In den Donnerstagsgottesdiensten im Feierabendhaus werden gegenwärtig die Sendschreiben aus der Offenbarung ausgelegt. Am Freitagabend haben die Schwestern Unterricht bei Herrn Rektor, und es wird jetzt in diesen Stunden der Anfang mit Kirchengeschichte gemacht. Am Dienstagabend ist Unterricht für die Probeschwestern. Herr Rektor liest mit ihnen das Markus-Evangelium.

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/86&oldid=- (Version vom 8.8.2016)