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nach Bruckberg. O wie freuten wir uns über unsern neuen Besitz: wir strömten gleich in den Betsaal und stimmten da Loblieder an, nachher auch Psalmen, und waren so dankbar und froh über dem neuen Zeichen, daß Gottes Güte sich nicht von uns gewendet hat, sondern neu anheben will, uns zu segnen.

 Ach, wenn Dich Gott wieder gesund werden und aufs neue arbeiten läßt, wie wollen wir’s Ihm danken! Daß wir’s nur nie vergessen, was Er an uns getan, und doch niemals das pur Natürliche und menschlich Vernünftige uns den Eindruck von Gottes unmittelbarem Handeln mit der Seele verwischen lassen!... Denke in der Stille nun auch an all die großen Aufgaben, die uns bevorstehen. Mir will’s zuweilen schwindeln und eine Angst über mich kommen, aber ich darf nicht kleinmütig sein, nachdem Gott so große Dinge unter uns getan. Und die Post behalten wir auch! – Diese Woche wird unser Gebälk hinaufkommen, und die Klöße werden wohl in Deinem Hospiz bereitet und verzehrt werden, da man abends jetzt nicht mehr im Freien sitzen kann.

 Gott behüte Dich wie einen Augapfel im Auge, liebe Schwester Marie, und Seine Nähe sei Dir allezeit fühlbar.

In herzlicher Liebe Deine Therese.


An Schwester Charlotte Kollmann.
Neuendettelsau, 27. August 1891

 Meine liebe Schwester Charlotte, ach, nun sollen wir uns doch alle mit großem Ernst zusammenschließen, daß wir dem neuen Führer gegenüber auch unsern seligen „Vätern“ keine Schande machen, daß nichts von unnüchterner Überschwenglichkeit und nichts von vergleichender Kritik sich unter uns finde, sondern ein würdevolles Annehmen der guten Gabe aus Gottes Hand. Am Montag wollen wir, Herr Konrektor und ich, eine Zusammenkunft mit Herrn Dr. Bezzel in Nürnberg haben, weil doch noch mancherlei besprochen werden muß. Bitte Gott, daß mir viel Weisheit gegeben werde, auch viel praktische Weisheit jetzt gerade. Frau Rektor zieht in die Bäckerei. Elisabeth Meyer soll die kleine Industrieschule bekommen.

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/79&oldid=- (Version vom 8.8.2016)