Seite:Therese Stählin - Auf daß sie alle eins seien.pdf/43

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
An Schwester Frieda von Soden.
Neuendettelsau, 19. Juli 1888

 Meine liebe Schwester, ich denke, Du bist doch ein wenig mutiger und getroster. Es geht alles vorüber, die guten Tage und die bösen; auch in Reichenhall eilt die Zeit wie ein Weberschifflein, und ich hoffe, Gott schenkt Dir wieder Gesundheit und Kraft... Und Du betest um Reinigung und Läuterung unserer ganzen Sache und Gemeinschaft? Sieh, Du mußt jetzt in Deiner Stille durch Gebet mehr dem Ganzen dienen als in der Arbeit. Ist’s zu viel verlangt, wenn ich öfters um ein Stück Paradiesesfriede und Paradiesesglück für die Dettelsaue bete? Wo so viel Sakramentsgenuß ist, könnte es doch wenigstens zuweilen so vorweg genommen werden. Ach, eine heilige Schar, die „selbstlos liebt“, wie müßte das schön sein!

Deine Mutter.


An Schwester Frieda von Soden.
Neuendettelsau, 7. nach Trinitatis 1888

 Meine liebe Schwester, eben komme ich vom Kirchhof und habe an Herrn Pfarrers Grab Deiner gedacht. O mich verlangt so darnach, daß Du noch einmal gesund wirst. Aber Dein Seelenfrieden und Dein ewiges Heil soll mir obenan stehen. Trag nicht so schwer an Deiner Einsamkeit, Jesus ist ja bei Dir. Schau Dir die schöne Gotteswelt an, und singe und lobe inwendig. Traurig mußt Du nicht sein, auch nicht durch Heimweh traurig. Sieh, wir denken ja Dein, und ewig gehören wir zusammen, und „es gibt nur ein Trauriges“, sagt Chrysostomus, „das ist die Sünde.“ Die Sünde aber ist vergeben. Nicht wahr, das glauben wir fest, und der Feind soll’s uns niemals zweifelhaft machen. Sieh doch diese stille Zeit als eine rechte Gnadenzeit an; da kannst Du viel priesterliches Werk tun. Ach ja, bete viel herunter zwischen Deinen Bergen von den Bergen, von denen uns Hilfe kommt. Bete recht brünstig um die Einigkeit der Kirche und um völlige Harmonie in dem kleinen Bruchteil der Kirche in Dettelsau. Versenke Dich in Joh. 17. Da wollen wir uns manchmal begegnen mit unseren Gedanken. Gedenk auch recht brünstig der B. S. Es liegt mir so auf der Seele, daß wir sie doch auch richtig versorgen, weil sie unausstehlich ist und leicht die

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/43&oldid=- (Version vom 5.7.2016)