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An eine Schwester in Schillingsfürst.
Neuendettelsau, Jan. 1922

 Liebe Schwester, schönen Dank für Dein Brieflein! Ihr habt ja ein reiches Feld der Tätigkeit und werdet dazu ein herzliches Verlangen haben, die Arbeit Gott zu Ehren zu tun. Ich war in alten Zeiten besonders herzlich mit Schillingsfürst verbunden. Man wird dort wohl auch noch der alten treuen Marie Hörner[1] gedenken, die so oft Herrn Pfarrer Löhe durch ihre Antworten im Unterricht erfreute. Die liebe durchlauchtige Prinzessin Elise Salm-Hohenlohe ist ohne Zweifel auch noch nicht in Schillingsfürst vergessen.

Herzlichen Gruß von Deiner Therese.


An eine schwer kranke Schwester.
Neuendettelsau, März 1922

 Meine liebe Schwester, ich kann Dich ja leider nicht besuchen, aber Schwester A. kann Dir ja auch alles sagen, was ich Dir sagen möchte, was wir Menschen sehen können und wie Du selbst auch glaubst, so scheint es, daß Dein Weg auf Erden nur noch ein kurzer ist. Da wolle Dir der barmherzige Heiland die vielleicht noch wenigen Erdentage – doch wer kann es wissen! – reichlich segnen zur Bereitung auf den großen Abschnitt, den Schritt aus der Zeit in die Ewigkeit. Der heilige Geist wolle immer bei Dir sein, alles abwenden, was Dich stören könnte, und wolle Deinen Blick unentwegt aufs Kreuz geheftet sein lassen. Da hat der barmherzige Gott Rat geschafft auf wunderbare Weise für unsere Sünde, die uns zur ewigen Verdammnis geführt hätte, wenn nicht Jesus für uns eingetreten wäre. Ach, wie müssen wir Ihm danken, hier schon und dann von Ewigkeit zu Ewigkeit! Bald dürfen Dich die Engel und die selig Heimgegangenen lehren, wie man den Herrn würdiger preist, als wir’s auf Erden getan. Es ist ja immer ein unaussprechliches Wunder der Gnade, wenn eine Seele zum Frieden gekommen ist. Nun laß uns zusammen


  1. Marie Hörner war eine Tochter der Gemeinde Schillingsfürst. Durch Prinzessin Elise von Hohenlohe-Schillingsfürst beeinflußt, trat sie am 12. Mai 1854 in die Diakonissenanstalt Neuendettelsau ein. Nach Vollendung ihrer Ausbildung ging sie als Diakonisse in ihre Heimatgemeinde zurück, der sie bis zu ihrem Ende 1898 diente; so verwirklichte sie als Einzige den ursprünglichen Gedanken Löhes. (Korr.-Bl. 1896 Nr. 9)
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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/263&oldid=- (Version vom 10.11.2016)