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es war ja der 12. nach Trinitatis, da man das Evangelium liest mit dem Lobpreis: „Er hat alles wohlgemacht“ – wurde Herr Inspektor Steck mit Dank und Freude hier empfangen. Vorgestern abend folgte diesem Empfang noch eine Feier in engerem Kreise, die wohl allen, die daran teilnehmen durften, unvergeßlich sein wird. Nach fast siebenjähriger Abwesenheit saß Herr Inspektor Steck mit dem jungen Herrn Missionar Flierl wirklich lebendig in unsrer Mitte, und sie mußten es fühlen, mit welcher Liebe und Teilnahme, mit wie viel Freude und Dank wir die Heimgekehrten umgaben. Was konnte Herr Inspektor alles erzählen![1] Gedenket treulich der Mission in Neuguinea und aller Missionen!

 Habt Dank für Eure Liebesgabe! Gott behüte Euch!

Eure Therese.


An eine Schwester.
Neuendettelsau, 11. Nov. 1920

 Meine liebe Schwester Marie, Du hast noch keinen Brief von mir! Diesem von meiner Seite unverantwortlichen Versäumnis muß noch am heutigen Tage abgeholfen werden. Aber der heutige Tag eignet sich auch wohl zu einem Brief an Dich. Ist es doch Dein Einsegnungstag. Heut vor fünf Jahren hat Dir Herr Rektor Eichhorn segnend die Hand aufgelegt, und der Segen soll bei Dir bleiben und fortwirken, bis einmal die Kirche Dir den letzten Segen erteilen wird und Du dann als ewig Gesegnete ins himmlische Vaterhaus heimziehen darfst.

 Liebe Schwester Marie, wir empfangen jetzt so besonders starke Mahnungen, daß wir an Tod und Ewigkeit gedenken sollen. In diesen Tagen lagen zugleich drei Leichen im Leichenhaus. Und Ihr im Nürnberger Krankenhaus lebt ja noch mehr immerzu unter Sterbenden. Die Gewohnheit und Häufigkeit sollte uns doch nicht abstumpfen, sondern uns stets eine willkommene Gelegenheit sein, anzukämpfen gegen die irdische Gesinnung und uns auf das, was ewig bleibt, zu besinnen.


  1. Missionsinspektor Steck war auf einer Inspektionsreise in Neuguinea, als der erste Weltkrieg ausbrach. Er wurde mit Missionar Wilhelm Flierl gefangen genommen und bis 1920 in Australien in Haft behalten. Nach ihrer Freilassung wurde ihnen zwar die Heimreise, aber nicht die Rückkehr aufs Missionsfeld erlaubt. Sie kamen am 22. Aug. 1920 in Neuendettelsau an.
Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/245&oldid=- (Version vom 24.10.2016)