Seite:Therese Stählin - Auf daß sie alle eins seien.pdf/21

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und Trachten nach Familienglück geht, so mußt Du freilich den Gedanken an den Diakonissenberuf aufgeben. Vielleicht bist Du auch nicht gesund genug für denselben. Ein frommes, reich begabtes Menschenkind schrieb mir einmal ihres Herzens Gedanken, und dazu gehörte: „Ich bete, daß Gott mich in die Ehe führt, seit ich aus der „weiblichen Einfalt“ weiß, daß man das darf.“ Gott hat sie hineingeführt und ihr auch ein Maß zeitlicher Trübsal dazu gegeben, sie auch in der Ehe zur Vollendung reifen lassen; sie ist nun schon bald zwölf Jahre daheim, übergib Dich Deinem Heiland, der wird Dich recht führen, Er weiß ja, wie wir sind. Lies in Gottes Wort, was von diesen Dingen geschrieben steht, und lies auch die eben erwähnte „weibliche Einfalt“ von Löhe.

 Übrigens, mein liebes Kind, ist weder Ehe noch Diakonissentum unser eigentliches Ziel. „Jesus, Jesus, nichts als Jesus soll mein Wunsch sein und mein Ziel.“ Seine Hand ergreife, und Er wird Dich recht führen. Laß Deinen Willen in Seinem Willen ruhen.

 Gott segne Dich und schenke Dir ein reines Herz, das für die höchste „Minne“ erglüht.

Deine treue Vize-Mutter Therese.


An Schwester Charlotte Kollmann.
Neuendettelsau, 20. Sept. 1884

 Liebe Schwester Charlotte, so viel, so viel hat mich in der letzten Zeit bewegt: der Tod von Frau Lichtenberg, jetzt die Einsegnung, dann unser großer Bau[1], der sehr schön vorwärts geht, aber eben doch nicht so geschwind fertig wird. Manche Sorge beschwert mich, aber Er ist ein Helfer in allen Nöten: –

 Der Pastor von Kopenhagen freut sich so, einer Einsegnung beizuwohnen; ein Bischof von Schweden ist auch da. Der abendliche festliche Tee ist morgen im neuen Hospizsaal[2]. Gott behüte Dich, meine liebe Schwester!

Deine Therese.



  1. Aufbau des Mutterhauses. Korr.-Bl. 1884.
  2. Korr.-Bl. 1884, S. 36.
Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)