Seite:Therese Stählin - Auf daß sie alle eins seien.pdf/206

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Wenn ich so Eure Namen und damit Eure Persönlichkeiten alle an mir vorübergehen lasse, dann erkenne ich, daß jede ein besonderes Leid oder eine besondere Aufgabe hat, viele wohl Leid und Aufgabe miteinander, um sich in beiden zu bewähren. Laßt uns nur – das, meine ich, sei mir besonders in der letzten Zeit wie ein Licht in die Seele gefallen – die Dinge nicht mit natürlicher Kraft und mit natürlichem Auge ansehen und umfassen, sondern der heilige Geist wolle uns die Augen des Glaubens öffnen, und wenn wir Jesu Dienerinnen sein wollen, müssen wir im Glauben arbeiten. Es umgibt uns eine unsichtbare, höhere Welt neben dieser sichtbaren. Das muß uns mit Furcht und Freude erfüllen. Der Prophet Elisa betete nur, daß seinem Diener die Augen geöffnet würden, da sah er die feurigen Wagen und Rosse um sich her.

 Wie oft, wie viel werden die Engel die Hände unterbreiten, wo wir die Gefahr, die uns umdroht, nicht einmal ahnen. Aber wieviel Arbeit und boshaftes Sinnen ist auch bei den bösen Geistern, die unter dem Himmel sind, daß sie uns schaden möchten. Laßt uns in Furcht und Freude, aber niemals in Sicherheit unsere Tage zubringen, meine geliebten Schwestern! Und alle wollet Ihr für einander betend und liebend einstehen, alle für eine und eine für alle: „Die eines Herren Leib gegessen, die stehen auch für einen Mann.“

 Gott behüte Euch, Er lasse keine fehlen, wenn uns Sein barmherziges Auge sucht an Seinem Tische im Himmelssaal!

In herzlicher Gemeinschaft Eure Therese.


An Schwester Johanna Willhalm.
Neuendettelsau, 8. November 1912

 Liebe Schwester Johanna, wenn ich mich nach Deinem Befinden erkundige, darf ich immer hören, daß es doch vorwärts geht. Darüber sind wir sehr froh, und in der Voraussetzung, daß dem so ist, richte ich an Dich die Frage, ob wir etwa daran denken dürften, daß Du den kleinen Haushalt übernimmst für die Kinder, die im Magdalenium waren. Schwester Emilie wäre es ein sehr lieber Gedanke, wenn die Möglichkeit bestünde, daß wir es Deiner Gesundheit wegen wagen dürften.

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/206&oldid=- (Version vom 24.10.2016)