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schon fast über die Kräfte. Ich schreibe das nicht im Sinne der Verzagtheit, ich muß mich nur wundern über Gottes Führen und Regieren und weiß, daß zu allen Zeiten schwere Zeit gewesen ist. Eben war Schwester Emilie Lachmann da und zeigte auch ihre Not an, aber sie liebt ihre ungezogenen Mädchen mit nicht zu erschöpfender und nicht zu alterierender Liebe. Herr Konrektor plant einen Bau für die „schwer Erziehbaren“. Es wäre noch viel zu schreiben... Heute sind es fünfzehn Jahre, daß Herr Inspektor Deinzer aus dieser Welt abgerufen wurde, wir waren damals in Hersbruck. Herr Senior Flierl schickte mir die Tage mit einer Drei-Pfennig-Marke seinen Brief aus Neuguinea an die Freunde in drei Erdteilen! Wie großartig ist unsere Zeit!

Ihre treu ergebene Therese Stählin.


An eine zukünftige Mitarbeiterin.
Neuendettelsau, 30. Jan. 1912

 Liebes Fräulein, Ihr Brief war mir eine herzliche Freude. Ich werde mich mit der Oberschwester in der Kinderklinik in Erlangen ins Benehmen setzen, damit alles aufs beste eingerichtet wird, damit Sie Ihren Zweck erreichen. Hoffentlich gibt Ihnen das Leben dort den Mut, später auch den andern Schritt zu tun. Es sind jetzt viele alte Schwestern unter uns, die einst mit Liebe und Begeisterung die oft nicht leichte Arbeit auf sich nahmen. Die sind froh, wenn junge, befähigte Nachfolgerinnen das teure Erbe überkommen. Gott behüte Dettelsau und lasse allezeit ein Geschlecht hier sein, das nach Ihm fragt und Seine Ehre ausbreiten möchte!

 Und wir, die wir uns zum Abbruch zu rüsten haben, freuen uns dann in der anderen Welt, wenn unsere Nachfolgerinnen treuer und frömmer das geliebte Werk treiben.

 Ich heiße Sie also jetzt schon als künftige Diakonisse willkommen.

 Wissen Sie, wann ich Sie zum ersten Mal sah? Das muß im Jahre 1890 gewesen sein. Da wollten Schwester Käthe Zantner und ich in Dinkelsbühl, ohne daß wir gerufen waren, nachsehen, ob man bei der Typhusepidemie etwa unsere Hilfe

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/199&oldid=- (Version vom 24.10.2016)