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doch mehr als von einer vergangenen. Er meinte wohl, daß auch die Diakonissenhäuser nicht vom Modernismus würden verschont bleiben. Von unserm Haus sagte er besonders nachdrücklich: „O nur keine Parteien!“ O Ihr wißt, wie tief ich diese Gefahr und Not scheue, wer sie durchlebt hat, zittert vor ihr wie vor einem Gespenst aus dunkler Tiefe.

 Ich werde wohl erst am Samstag heimkommen, da ich doch alles mitnehmen will. Eine alte Gräfin habe ich gesprochen, die noch den Hofprediger Schmidt gekannt hat! Und unsere erste Lehrerin Johanna Bachmann ist als altes Fraule hier im Pensionat. Wir dachten der alten Zeit, vergangener Tage!! Heute war ich in der Markuskirche, und nachher gehe ich in den Betsaal und Herr Präsident predigt. Wie wunderbar ist das alles: Den Herrn Hauptmann Luft, unsern fürsorglichen Freund, habe ich auch besucht und die zwei Damen, die ihre Hinterlassenschaft dem Feierabendhaus bestimmt haben. Gott schenke uns allen Seinen Frieden, auch wenn jetzt Kampfeszeit ist. An die Blauen auch recht schönen Gruß.

Eure Therese.

 Jetzt komme ich eben vom Gottesdienst. Herr Präsident hat so mächtig über die Epistel gepredigt. Wie wunderlich ist es alles: die gleiche Stimme und gleiche Kraft und mächtiges Zeugnis – und das Verhältnis ist ein anderes.


An Schwester Käthe Zantner und Schwester Elisabeth von Oldershausen in Gastein. Schwester Käthe, bisher Hausmutter im Feierabendhaus I, stand vor der Versetzung ins Mutterhaus als Rechnungsschwester.
Neuendettelsau, 25. Juni 1910

 Meine lieben Schwestern, darf ich Euch denn einen gemeinsamen Brief schreiben und Euch danken für Eure lieben Briefe? Ich freue mich recht, daß Ihr Stille habt und das Bad Euch gut tut. „Ja, die Welt ist schön, ich sage mir’s tausendmal.“ – Aber als wir, Charlotte und ich, vor zehn Jahren von Italien heimkehrten, da sagte sie: „Aber ein einziger Blick Seiner Gnade wiegt alle diese Herrlichkeit auf.“ Und Herr Pfarrer Löhe sagte mitten unter großartigen Naturschönheiten zu seiner Umgebung: „Ach, das haben wir

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/190&oldid=- (Version vom 24.10.2016)