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 Wir haben hier reiche, gesegnete Tage. Heute predigte Herr Rektor vom Töchterlein Jairi und dem kranken Weibe, und dann gingen wir zum Sakrament. Es sind auch Schwestern von Heidenheim und Öttingen hier. Ach, daß uns das Sakrament ganz verneuerte und verklärte: Es muß doch auch unsere ganze Genossenschaft dadurch noch umgestaltet werden, wir wollen nur recht sorgsam und treu, ein jedes an seinem Teil, mit den empfangenen Gnaden umgehen.

 Am Dienstag geht’s nach Nördlingen, am Mittwoch nach Gunzenhausen und Ansbach, am Freitag heim – alles, so Gott will.

 Grüße alles recht herzlich und dankbar.

In treuer Liebe Deine Therese St.


An Schwester Charlotte Kollmann.
Neuendettelsau, 23. Nov. 1883

 Meine liebe Charlotte, wie hast Du mich erfreut mit dem Spinnrädchen! Hab innigen Dank dafür! Ich sitze wirklich abends im Familienzimmer und spinne, – viel ist’s ja nicht, aber es freut mich doch so. Und Gertrud[1] ist so animiert dadurch, daß sie sich ein Spinnrädle von der Holzschüpfe gesucht hat und will sich’s richten lassen. Und für den schönen Flachs danke ich Dir auch recht herzlich, was wird da alles unser Haus davon bekommen!

 Meine liebe Schwester, wie geht es Dir wohl? Ach, laß uns Mut behalten und Freudigkeit! Es darf doch unsere Seele nicht eine Sekunde länger im Schmelzofen sein, als Seine Liebe es verordnet hat. Laß uns doch nur Eine Sprache haben: „Dennoch bleibe ich stets an dir.“ Wenn ich doch mehr Glauben hätte! Ich merke doch so deutlich, wie Gott alles in Seine Hand nimmt, warum traue ich’s Ihm nicht für jeden kommenden Fall, der mich ängstigen will, zu? – wie viel Erquickung finde ich doch in dem Buch von Mutter Barat, der Stifterin des Ordens vom Sacré coeur! Aber es bleibt mir ein trauriges Rätsel, warum sie in der andern Kirche so viel mehr können, so viel besser sind, so eine heiße Liebe und so viel Demut haben, und wir bei unserer reineren Lehre und bei dem


  1. Gertrud Hahn, Haushaltschwester im Mutterhaus und Organistin.
Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)