Seite:Therese Stählin - Auf daß sie alle eins seien.pdf/163

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
An eine schlesische Pfarrerstochter, die sich zum Eintritt gemeldet hatte.
Neuendettelsau, 13. Okt. 1905

 Verehrtes Fräulein, Herr Rektor und ich sind der Meinung, daß wir Sie zu einem Versuch ermutigen sollten.

 Es ist ja freilich zu dem Dienst, den wir treiben, auch leibliche Gesundheit und Kraft nötig. Doch haben wir auch schon öfters erlebt, daß eine anfänglich zarte Gesundheit im Diakonissenberuf erstarkte, wenn die innere Zufriedenheit und das Glück der Seele den Leib beherrschte und ihn mit sich zog.

 Es liegt uns auch so viel daran, daß wir Schwestern haben, die die Sache, um welche es sich handelt, nach der innerlichen Seite erfassen und Trägerinnen der Grundidee werden, die wir vertreten möchten, daß wir nicht anstehen, auch manche Rücksichtnahme von vornherein zuzugestehen. Sollte uns Gott ja zeigen, uns und Ihnen zeigen, daß der Diakonissenweg doch nicht Sein Wille für Sie ist, so wäre es ja doch auch kein Unglück, wenn Sie den Versuch gemacht haben und den Plan wieder aufgeben müßten.

 Wie ich aus Ihrem Brief ersehe, möchten Sie ja doch auch nichts anderes, als Gottes willen tun. Er läßt Seine Kinder darüber nicht im Unklaren.

 So meine ich, wenn Ihnen nicht deutlich der Weg anders gezeigt wird, dann kommen Sie in Gottes Namen Mitte März hieher. Ich lege Ihnen einen Prospekt bei und reiche Ihnen im Geiste die Hand zu gemeinsamer ernster Arbeit. Das Feld ist weit und groß bei uns. Durch unsere liebe Schwester Käthe Matschoß ist Ihnen manches nicht mehr fremd.

 Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Vater. In der Hoffnung, im Jahre 1906 Sie persönlich kennen zu lernen,

Ihre Therese Stählin


An eine ältere Schwester.
Neuendettelsau, 13. Febr. 1906

 Meine liebe Schwester, ich dachte, Du solltest in Bruckberg bleiben – und zwar aus zweierlei Gründen: erstlich wollte ich Dir nicht gerne einen wiederholten Wechsel zumuten, glaubte, es sei Dir lieber, in Bruckberg zu bleiben und da mit der noch vorhandenen Kraft zu dienen; zweitens glaubte ich, es sei für Bruckberg gut, wenn noch eine ältere Schwester da ist,

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/163&oldid=- (Version vom 17.10.2016)