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An eine Schwester in Obernzenn.
Neuendettelsau, 21. Juni 1905

 Meine liebe Schwester, heute ist Dein Geburtstag. Vielleicht nimmst Du auch noch einen Tag später einen herzlichen Glückwunsch an. Laßt Euer Häuslein eine rechte Hütte Gottes werden, da die Menschen sagen: „Hier ist gut sein“ und da die Engel Gottes gern aus- und eingehen. Ich wünsche auch, daß es Euch beiden so wohl gehen möge, daß Ihr im Dienen nicht behindert seid.

 Heute sind „unsere Herren“ in Nürnberg. Herr Rektor hält einen Vortrag über „Die Wahrhaftigkeit bei Leichenbegängnissen“.

 Und wenn Ihr wieder nach Dettelsau kommt, dann ist völlig „die neue Zeit“ eingezogen: dann kannst Du in der Registratur Dich ans Telefon stellen und mit „aller Welt“ verhandeln, was immer Du willst. So stehts in Dettelsau!!

 Seid immer recht einig mit den andern Häusern, Ihr lieben christlichen Nachbarn, und „ein jeglicher sehe nicht auf das Seine, sondern auf das, was des andern ist.“

 Vier Seminaristinnen sind im Examen und verleben heute in Schwabach den dritten von den denkwürdigen Tagen.

 Es gibt sehr viel Heu, und wir danken Gott für alles und bitten, daß er die Fluren bewahre und uns frohe Erntetage beschere.

 Und – wir wollen die Esel auf der Jakobsruhe verkaufen!! Wollt Ihr sie? Mutter und Sohn – es ist ein preiswürdiges Paar. Aber sie nützen doch zu wenig gerade auf der Jakobsruhe. Die Poesie muß dem Verstande weichen.

Behüt Euch Gott. Deine Therese.


An Schwester Charlotte Kollmann.
Neuendettelsau, 29. Aug. 1905

 Meine liebe Charlotte, zu Deinem Geburtstag habe ich viele innige wünsche für Dich. Wir gehören ja doch ganz nah zusammen, und Du bist dazu berufen, auch die schwere Verantwortung fürs Ganze mitzutragen. Nun sind wir, ehe wir uns versehen, alt geworden, und der Tag hat sich geneigt. Nur wenig Jahre, und wir sind in der Ewigkeit, und alles geht hier weiter. Ob wir Segensspuren zurücklassen?

Deine Therese.


Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/162&oldid=- (Version vom 17.10.2016)