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An Schwester Charlotte Kollmann.
Neuendettelsau, 5. März 1883

 Meine liebe Schwester Charlotte, unserer lieben, teuren Frau Oberin geht’s nicht besser; die Schwäche nimmt zu, das Reden wird ihr schwer; aber der Geist ist immer frisch und klar, und sie ist immer so gar liebenswürdig und freundlich, so herzgewinnend. Heut war’s ein wehmütiger Geburtstag, aber man durfte doch einen Augenblick hinein und ihr die Hand reichen. Viele Schwestern aus Fürth und Nürnberg gehen ab und zu; das ist dann für die Weggehenden ein Abschied fürs Leben. – Es ist so wunderbare Zeit. Neben diesem Ernst und Schmerz redet Gott diese Sprache zu uns mit dem Kirchbau. 6000 Mark sind uns vermacht, und nun sind auch 10000 Mark für diesen Sommer versprochen, wie reich und gut ist Gott! Ich bin jetzt voll Begeisterung für den Kirchbau. Der Ingenieur Gab aus Nördlingen war hier und hat gesagt, daß der Umbau der Kapelle zum Schulhaus sehr leicht ausführbar wäre und mit wenig Kosten. Da war ich so froh und dankbar; denn dieser erste Schritt mußte vor allem geschehen.

 Grüße die Schwestern recht schön.

Deine alte Schwester Therese.


An Schwester Elisabeth von Oldershausen in Ansbach.
Neuendettelsau, 1. Mai 1883

 Meine liebe Schwester Elisabeth, ich weiß, daß Ihr mein gedenkt, und ich danke Euch herzlich dafür. Ich kann nicht viel schreiben, wie mir’s geht; ich darf nur ein wenig merken, daß meines himmlischen Erziehers Hand mich führt und mich ja wohl in eine neue Klasse Seiner heiligen Schule bringen wollte, aber das konnte Er nicht, ohne mir zu zeigen, daß ich noch ein ABC-Schütze bin und noch gar wenig gelernt habe. Ach, nur nicht einen Augenblick allein möchte Er mich lassen! Das helft mir beten.

 Meine Schwester, Dir schreibe ich zum Geburtstag einen Spruch, den gib Deinen Schwestern weiter, und die sollen ihn auch weitergeben. Ich meine den: „So wir im Lichte wandeln, wie Er im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.“

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)