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Vor vielen Jahren fiel einmal im Frühling ein Herr von Redern in eine schwere Krankheit, in welcher er fortwährend viele Unruhe hatte. Diese Unruhe nahm aber auffallend zu, wenn er das Geschrei eines Frosches vernahm. Er konnte dann mehrere Nächte lang keinen Schlaf bekommen. Das wurde so arg, daß er zuletzt gar keinen Schlaf mehr fand, und daß kein Mittel der Aerzte im Stande war, ihm den wieder zu geben. Vergebens versuchte man darauf Alles, die Frösche zu vertreiben oder zum Schweigen zu bringen. Man mußte schon an der Genesung des Herrn von Redern verzweifeln. Er verfiel jeden Tag mehr, und seine Hausfrau hatte deshalb alle Tage weinende Augen. Da geschah es eines Tages, daß ein armer fremder Mann an das Schloß kam und bettelte. Der sah die nassen Augen der Edelfrau, und fragte, um was sie weine. Man berichtete ihm, daß der Herr krank wäre, und vor dem Geschrei der Frösche nicht ruhen, solchergestalt auch nicht lange mehr leben könne. Darauf spricht der Bettler: O, wann Eurem Herrn damit kann geholfen werden, so sollen die Frösche bald still schweigen. Dieses Erbieten wird erstlich der Frauen, und hernach dem Herrn selbst vorgebracht. Der befiehlt, daß man dem armen Manne solle einen Sack voll Roggen geben, wenn er sein Versprechen sollte ins Werk richten. Hierauf begiebt sich der Bettler aus dem Schlosse, umgehet dasselbe in einem großen Zirkel, so weit als ihm däucht, daß der Frösche Stimme dem Herrn könnte verdrießlich sein, gebrauchet dabei seine Wissenschaft und bringet damit zu wege, daß das Geplärre der Frösche sofort aufhört. Und in diesem Stande ist es seitdem mit den Fröschen dort immer geblieben, daß sich, soweit der fremde Mann gegangen, kein Frosch wieder hat hören lassen. Der Mann hat dabei

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_113.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)