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aber weiß sein. Wenn Jemand Kopfweh hat, das nicht weichen will, so nimmt man einen Faden, der wird dreimal um den Kopf des Kranken gewunden, und dann in Form einer großen Schlinge in einen Baum gehangen; wenn nun ein Vogel hindurch fliegt, so nimmt dieser das Kopfweh hinweg.

Es giebt viele Leute, welche das Blut und das Feuer besprechen können, so daß jenes augenblicklich aufhört zu fließen, dieses aber sich nicht weiter verbreiten kann, sondern sich in sich selbst aufzehren muß. -

Wenn Jemand gestorben ist, so wird sofort das Kopfkissen unter ihm weggezogen und ein Fenster in der Stube geöffnet, damit die Seele herausfliegen kann. Wenn die Leiche beerdigt ist, so gehen zuerst die Angehörigen und sodann die übrigen Begleiter dreimal um das Grab herum und von da in die Kirche; ein Grund dieses Gebrauches ist nicht bekannt.

Nach der Gegend von Salzwedel hin hat man auch noch folgende besondere Leichengebräuche:

Dem Todten wird, wenn er in den Sarg gelegt wird, ein Pfennig in den Mund gesteckt, damit er einen Zehrpfennig nach dem unbekannten Lande hin habe. - Beim Zunageln des Sarges muß man sich wohl in Acht nehmen, daß der Todte nichts von seinem Anzuge in den Mund bekomme; denn sonst „zehrt er nach“, und Einer nach dem Andern muß ihm im Tode folgen. - Sobald die Leiche aus dem Hause getragen ist, wird ein voller Eimer mit Wasser hinter ihr her gegossen, damit der Todte nicht wiederkommen und spuken möge. -

An einzelnen besonderen Tagen des Jahres hat man noch folgende merkwürdige Gebräuche:

Am Neujahrstage wird vor Sonnenaufgang im Garten geschossen, damit die Obstbäume in dem Jahre reichlich tragen.

Empfohlene Zitierweise:
Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_083.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)