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Die Thore schließt er traurig auf,
Es zieht herein der Feinde Hauf,

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Die Ulmer brechen Stein um Stein,

Die Würtemberger lachen drein.

Nach Stuttgart führt man ihn zu Roß:
„Verschlungen habt Ihr, Frau, mein Schloß.
Ihr ließet mir kein Lösepfand, –

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Mein Leben steht in eurer Hand.“


Die stolze Gräfin winket stumm,
Und lächelt arg und kehrt sich um,
Ins ferne Land, in einen Thurm,
Schickt sie den Feind zu Molch und Wurm.

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Zehn Jahre wohnt der Graf im Haus,

Sein Haar wird grau, sein Blick löscht aus,
Da sinkt er traurig in das Knie:
„Verschlungen hat mein Leben sie!“

Und seines Kerkers Pforte springt,

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Und Botschaft ihm der Knappe bringt:

„Im Grabe liegt das grimme Weib;
Frey seyd Ihr, Herr! an Seel’ und Leib!

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_172.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)