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Die Muschel und der Krebs.[1]

Einst sah ein junger Krebs aus seiner Höhl’ am Strande
Der muntern Muschel zu, die auf dem Ufersande
Des nahen Stroms ihr Haus jetzt auseinander bog,
Jetzt als ein leichtes Spiel geschwind zusammen zog.

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„Beglückte, rief sie aus, ich muß in Schlamm und Höhlen

Mich Tag für Tag in Angst und ohne Ruhe quälen;
Bald stößt ein Nachbar mich von meinem Lager aus,
Bald schreckt mich Menschenhand, Du hast ein eignes Haus,
Du kannst es, wie du willst, jetzt öffnen, jetzt verschließen.

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O, daß wir Krebse doch so elend leben müßen!

Vergönntest du mir doch nur eine kurze Zeit
Den Aufenthalt bei dir, das Glück der Sicherheit!
Ach, wolltest du mich nur in deine Wohnung nehmen,
So würd’ ich doch einmal vergessen, mich zu grämen.“


  1. Gellert hat diese Fabel noch einmal überarbeitet in seine Sammlung aufgenommen. Dieß ist die Feile der zweiten Hand.
    Anmerkung des Herausgebers.     
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_064.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)