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seines Benehmens einen Mann, der in den Sphären der größern Welt sich umgetrieben hatte. So eingezogen er lebte, so machte er doch bisweilen Besuche in der Nachbarschaft, und fuhr demnach auch am Hause des Obervogts vor. Seine Erscheinung verursachte eine lebhafte Freude, allein das Interesse an ihm wuchs, je mehr man ihn kennen lernte. Was er sprach, war gedacht und spannte die Aufmerksamkeit; seine Unterredungen waren eben so lehrreich als unterhaltend. Still und innig bewegt lauschten wir im Kreis umher, wann er erzählte, besonders aber hing Crescentia mit unverwandtem Blick und ganzer Seele an seinem Munde. Der Fremde hatte Eindruck auf sie gemacht, das war sichtbar, und eben so unverkennbar war die Mühe, die sie sich gab, ihm gefällig zu seyn. In allen Stücken suchte sie seine Meinung und Ansicht auszuforschen, in Wort und That, in Kleidung und Geberde richtete sie sich nach seinem Geschmack. Er war ein Liebhaber der Musik; mit dem größten Eifer legte sich jetzt Crescentia von neuem auf Gesang und Flügelspiel. Er war ein Freund der Wissenschaften; mit angestrengtem Nachdenken verweilte sie jetzt über belehrenden Werken. An Verstand und Gewandtheit hatte es ihr nie gefehlt, auch besaß sie eine gewisse Grazie, wodurch sie Jedermann für sich einnehmen konnte, sobald sie es darauf anlegte. Also ließ sie nun mit feinberechneter

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Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_043.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)