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wehe, wenn ihre Liebhaber hämisch gerichtet wurden, und uns schmerzte es, wenn unsre Mädchen eine schnippische und kränkende Behandlung erfuhren. Oft fand ich Louisen in Thränen, weil Crescentiens unversöhnliche schwarze Laune ihr Gemüth verwundete; Therese aber nahm die Unfreundlichkeit ihrer Schwester weniger zu Herzen. Louise suchte sie durch Nachgiebigkeit und Liebe zu gewinnen; aber Therese vergalt nicht selten gleiches mit gleichem, denn ihr lebhafter Geist war fruchtbar an Mitteln, die Zuchtmeisterin oft zum Schweigen zu bringen. Doch dadurch wurde Crescentia nur noch erbitterter, nur noch mehr gereizt, uns zu kränken, und, wo möglich, unsre Verhältnisse zu trennen.

Miltenheim hatte kaum ein halbes Jahr im Städtchen gelebt, als allerlei böse Gerüchte über ihn in Umlauf kamen. Der Obervogt behandelte ihn mit Kälte, öfters sogar mit einem sichtbaren Widerwillen. Louise und Therese wichen ihm aus, ja diese, sonst so heiter und fröhlich, wurde ganz niedergeschlagen und schwermüthig. Vergebens frug ich die Mädchen um die Ursache dieses veränderten Benehmens; sie wollten nicht mit der Sprache heraus; erst auf langes Zureden öffneten sie ihre Herzen und Lippen, und schilderten den guten Miltenheim als den verworfensten Menschen. Unglaublich war mir, was ich hörte. Ich sprach gut für

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Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_038.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)