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für den armen Bernhard, der Crescentien von Herzen liebte, und dieses Auftritts sich nicht versehen hatte. Er konnte nicht umhin, er mußte seinem Vater den Brief zeigen. Als dieser die Brille aufgesetzt und den Inhalt desselben begriffen hatte, sprach er ziemlich gelassen: „Nun siehst du, daß die Eile hier nichts genützt hat. Allein so leicht soll sie doch nicht loskommen. Sie verdient eine Züchtigung, und die soll ihr werden.“

Er warf sich schnell in seine Kleidung, nahm den Brief zur Hand, und ging zum Obervogt. „Sehen Sie, Herr Obervogt, sagte er, indem er ihm den Brief in die Hand gab, sehen Sie, wie man sich in seiner Meinung und Erwartung betrügen kann.“ – Der Obervogt las, erblaßte und stampfte den Boden vor Zorn. Crescentia wurde berufen. „Kennst du diesen Brief?“ donnerte der Vater sie an, als sie kaum das Zimmer betreten hatte. Sie verstummte. Er aber fuhr fort: Bist du so gewohnt, Wort zu halten? Meinst du, man werde deine Tollheiten dir immer ungestraft hingehen lassen? Du bist einmal alt genug, um überlegen zu können, was recht und gut ist. Was du versprochen hast, mußt du auch halten, oder ich erkenne dich nicht mehr für meine Tochter.“ – Sie fing an zu weinen. Der Vater aber fuhr fort: „Spare deine Thränen, Nichtswürdige! und Sie,

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Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_031.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)