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Feindlicher Überfall bei Reszcyce. Den 23. November übernachtete die Avant Garde in Reszcyce, bei dem vom Dorfe etwas abgebaueten herrschaftlichen Schloße, welches mit einen weitläufigen regelmäßigen Hofraum und einen breiten sumpfigen, zum Theil zugefrohrnen Graben umgeben war, über welchen Brücken zu den Ein- und Ausgängen führten, so, daß selbiges einen kleinen festen Castell glich. Die Schüzen bezogen das geräumige mit etlichen Stockwerken versehene Schloß selbst, die reutende Batterie wurde auf den Schloßplaz postirt, die Cavallerie hingegen bezog Bivouaq daneben, und fand Fourage, Brennmaterialien auch mitunter Unterkommen selbst, in den nahe dabei befindlichen geräumigen Oeconomie-Gebäuden. – Vor einem auf der Flucht befindlichen Feinde gesichert zu seyn glaubend, war ein feindlicher Überfall auf uns, der um Mitternacht erfolgte um so unerwarteter, er war indeßen nur ein leichter Anprall und ganz ohne Folge und Verlust für uns, denn der Feind zog sich unsere feste Stellung wahrnehmend, nach etlichen erhaltenen CartetschenLadungen in größter Eil wieder zurück, und hinterließ einen am Wege liegenden Todten und blutige Spuren im Schnee von mehreren mit fortgenommenen Bleßirten. Da bei den Allarm, die Schüzen welche in den Gemächern des Schloßes, Stroh zum Lager und Caminfeuer zur Erleuchtung und Wärme gebraucht hatten, selbige in möglichster Eile verließen, und sich aufstellten, so geschahe es, daß durch Verwahrlosung hierbei, das Stroh zündete, und während dieses Allarms das Schloß in Feuer aufging, welches aus Mangel an Löschmitteln bis auf die Mauern niederbrannte.

Gleichmerkwürdig war die Nacht vom 23 zum 24ten Novbr. hinsichtlich einer ebenfalls sich ereignenden Feuersbrunst bei der hinter uns bivouaquirenden Division von Funck[1], und dem großen Brande, der zu gleicher Zeit in dem noch mehr rückwärts gelegenen Hauptquartier des General Reynier sich ereignete. – Feuerzeichen am Horizonte bezeichneten die Standt- und Ruhepuncte des
  1. Funck - Karl Wilhelm Ferdinand von Funck, vgl. auch sein Werk über diesen Feldzug: Erinnerungen aus dem Feldzuge des sächsischen Korps unter dem General Grafen Reynier, Dresden und Leipzig 1829
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F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813., Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0124.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)