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Erster Verlust unserer Seits. einzuziehen, zugleich mit Lebensmittel beizutreiben befehliget war, während das Ganze der AvandGarde sich bei Paschuschüze ohnfern Zelwia auf dem Bivouaq befand. – Vom vorliegenden Zelwia aus, wo man die ähnliche Versicherung ertheilt hatte, seit 2. Tagen nichts vom Feinde bemerkt zu haben, hatte sich dieses Commando auf einen nahe gelegenen von Gebüsch und Holz umgrenzten Edelhof begeben um Lebensmittel zu requiriren. Mehrere derselben vorfindend, begiebt es sich, die Pferde vor der Thüre angebunden, in das Gebäude, um während des Herbeischaffens selbst einiges zu genießen, indeßen mehrere im nahen Gebüsch auf der Lauer gelegene Cosaken im Hofe erschienen, sich der Pferde bemächtigten, und das Commando bis auf einige Mann, die sich durch ein Fenster in den Garten retteten, zu Gefangenen machten. Der Husar Tennhard mit einen entlaufenen und aufgefangenen Pferde brachte gegen Abend die erste Nachricht hiervon auf dem Bivouaq, der hierdurch zwar allarmirt wurde, jedoch, da sich nichts weiter zeigte, wieder einrückte. Diese ersten Gefangenen unserer Seits hatten das harte Schicksal, bis ans schwarze Meer transportirt zu werden, und nach erfolgter Freilaßung die lezten mit zu sein, die vom Regimente in Sachsen wieder eintrafen. Da Zelwia, mit vielen Juden bewohnt, sich hierdurch den Verdacht zugezogen hatte, diesem Commando die Nähe des Feindes verheimlicht zu haben, so wurde tags darauf beim Wiederaufbruche eine halbe Stunde in selbigem refraichirt, und mancher Artikel mit einer Härte herbeigetrieben, welche lediglich den gestrigen Vorfalle zuzuschreiben war.

Slonim.      Den 9ten July trafen wir über Socconice einer, von vielen Juden ebenfalls bewohnten Mittelstadt, am Flüßgen Szczara[1] gelegen in Slonim ein. Sie liegt an einem sandigen Abhange, und zeichnet sich weniger durch regelmäßige Bauart, als durch einen lebhaften Verkehr und Handel aus. Die Judenschaft, die hier die erste und reichste Claße der Einwohner zu sein scheint, empfing uns in Prozession, festlich geschmückt, mit fliegenden Fahnen und unter Vortretung ihres OberRabiners unter einen Baldachin mit einer Krone in der Hand, mit einen ununterbrochenen plerrenden
  1. Szczara - verbessert aus Tzareth
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F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813., Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0073.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)