Seite:Tagebuch Russlandfeldzug 0070.jpg

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sich über Jendriziejow und Jablonka gegen Suradz[1] der Narew entgegen, und übernachtete stets in besondere Abtheilungen und Deckungs-Puncte abgesondert, aux bivouaq.

     Eine Stunde nach dem Aufbruch aus der Gegend Brock, am 26. ejsd. wurde in einem schattigten Tannenwäldchen auf der Straße ein halbstündiger Halt gemacht, und der erste Befehl, in masse sämmtliche Feuergewehre zu laden, und die beim UhlanenRegiment bis jezt noch verkappt gewesenen Lanzen-Spizen zu entblößen, ertheilt; – der Ausbruch der Feindseligkeiten, und daß die große Armée im Centre bereits im Handgemenge sei, unterlag nunmehro keinen Zweifel mehr, und Tags darauf erfolgte die öffentliche Bekanntmachung durch einen Arméebefehl, daß am 22ten Juny französischer Seits der Krieg gegen Rußland erklärt, und der Übergang der großen Armée über den Niemen[2] bereits erfolgt sei. Abwechselnde größere Recognoscirungen, öfters unter Leitung von Offizieren vom Generalstaab gingen nun gegen die Narew als den GrenzFluß vor, ohne jedoch gegenseitig bedeutende TruppenMaßen zu bemerken, und der PremierLieutenant v Nauendorff vom HusarenRegimente überschritt schon früher den Fluß, streifte jenseits deßelben frey herum, machte einige rußische Nachzügler zu Gefangenen, erbeutete dabei etliche Pferde und nahm mehrere beträchtliche Magazine in Beschlag. Überschreiten der Grenze und Eintritt in Russisch Pohlen      Drey Escadrons Husaren schritten bereits am 1. July von Sokolly[3] her, über die rußisch pohlnische Grenze vor, und bezogen beim Städtchen Surasz[4] an der Narew Bivouaq. Sie schienen bestimmt zu seyn, den vom französischen GenieObersten[5] Brulet daselbst geleiteten Brückenbau zu decken; der größte Theil der übrigen AvantGarde stand noch rechts und links rückwärts auf Warschauer Gebiete, und rückte erst am andern Morgen gegen Suradz vor, um gemeinschaftlich den Übergang über die Narew zu bewerkstelligen. Dies Flüßchen, ebenfalls in ganz flachen Ufern dahinrauschend gleicht unserer thüringischen Unstrut[6], und ist ein wenig bedeutender als der Wiprez. Die Cavallerie passirte selbige abermals durch einen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Suradz – das heutige Suraż
  2. Niemen – polnischer Name des Flusses Memel
  3. Sokolly – das heutige Sokoły, 15 km nordöstlich von Wysokie Mazowieckie
  4. Surasz - am Rand korrigiert, da im Text nach Ausradierung zum Teil unleserlich
  5. GenieObersten – Oberst der Ingenieurtruppen, die zur Ausführung der technischen Arbeiten bestimmt waren.
  6. Unstrut - mit Bleistift unterstrichen
Empfohlene Zitierweise:
F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813., Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0070.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)