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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

und die Felder / Wiesen / Gärten / Trifften / und Teiche mit Holtze verwachsen gewesen / da man denn zu solcher Zeit und Zustand des verwüsteten Landes / wohl Uhrsach gehabt / die Einwohner zu animiren / daß sie das Holtz und Gebüsche ausgerottet; Allein / es ist eine grosse differenz in Wieder-Anbau der verpuschten Felder und zwischen der Holtz-Verwüstung / und da dergleichen Ausrottung eine Gewohnheit werden und zum ruin des gemeinen Wesens gedeihen will / hat man voritzo wohl Ursach / denen Einwohnern ein anders vorzubilden / von der Holtz-Verwüstung abzustehen / und hingegen zu dessen Pflantzung anzumahnen / damit dem unzweifflich folgenden / und besorgenden Holtz-Mangel bey Zeiten vorgebauet werde.

§. 43. Es ist fast wie ein Universal Affect und gemeine Seuche / daß jedermann lieber Feld und Wiesen als Holtz besitzen will / und also dahin incliniret / wie dieses zuvertilgen / und theils gäntzlich auszurotten / gleich als wenn es ein Unkraut und zu Führung einer Haußwirthschafft gar nicht nöthig wäre.

Man bedencke doch und überlege es wohl / wenn gleich jetzo viel Holtz ausgerottet / und die Räume und Gehaue zu Feldern / Wiesen und Gärten gemacht / auch gleich mehr Häuser hingesetzet werden / so können doch dergleichen neue Anbauer so viel Getreyde nicht erbauen / daß sie für sich / und die ihrigen das völlige Brod haben / und weil sie solches zu kauffen genöthiget werden / sonsten aber bey Manglung des Holtzes durch die im Gebürge gewöhnliche Holtz-Arbeit kein Geld erwerben können / so müssen solche neue und alte Einwohner zugleich darben / zumahln das Brenn-Holtz für sie alle nicht mehr zulangen will. Rathsamer wäre es (wie schon oben angeführet) ein Hauß-Vater ließe jetziger Zeit dem Holtze in alten Holtz-Refieren seinen ungehinderten Wachsthum / düngete und arbeitete seine Wiesen und Felder desto öffter / und fleißiger / so könte er von beyden seinen gewissen Nutzen haben.

Das Werck etwas ausführlicher fürzustellen / so sind freylich zwar die meisten Einwohner der gewissen Gedancken / daß es gar wohl gethan sey / das Holtz auszurotten / und hingegen Vieh-Weyden oder Trifften und Ackerbau anzurichten / mithin für Menschen / Viehe / und für dem Getreyde Bau / Platz zu machen; Allein es ist doch hierbey zubedencken / wo das Land so beschaffen / daß die Einwohner zu ihrem Unterhalt nicht gnug Getreyde bauen können / sondern sich dessen anderwerts erholen müssen / so sind sie genöthiget / sich auf manufacturen / oder andere Bewerbe / sonderlich hiesiger Lande auf das Berg-Werck zu legen / damit sie so viel Geld erlangen können / denen Frembden ihr Getreyde zu bezahlen.

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/91&oldid=- (Version vom 12.12.2020)