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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 18. Man hat vor alters gesagt / in Gebürgischen Ländern kan man den Back-Ofen zu heitzen und Brodt zubacken eher Holtz anschaffen / als Geträyde erlangen / Mehl daraus zu mahlen. Alleine heutiges Tages scheinet es sich umzukehren / denn die Höltzer sind an vielen Orten ausgerottet / und Felder daraus gemachet worden / so allerhand Getreyde zu mahlen geben; hingegen nimmt der Holtzmangel zum Heitzen / Kochen / Brauen und Backen mehr und mehr überhand.

§. 19. Aus dem angeführten ist nun leicht zuschliessen / daß in Gebürgischen Ländern / wo sonsten meistens viele Wälder befindlich seyn / der Holtzmangel so sehr anwächset / daß künfftig die meisten Einwohner kein Holtz mehr ums Geld / zum Einheitzen / Backen / und Brauen erlangen dürfften / sondern nur alte Stöcke werden ausrotten / und zum Brennen gebrauchen / sich der Kälte zu erwehren / und da diese mit der Zeit auch consumiret seyn solten / so wird ohne Zweiffel noch grössere Noth / Jammer / und Elend dieserwegen bey dem Armuth entstehen / geschweige vorietzo des unendlichen Schadens und Verlust / so wegen Mangel des Bauholtzes / an Bretern / Schindeln und dergleichen unumgänglich die Gebürgische und andere Lande daneben überfallen möchte. Dann wann die Gebäude / und sonderlich die Tachung / nicht in baulichen Wesen erhalten werden können / so gehet alle Wirthschafft verlohren.

Von Berg-Wercken will man voritzo auch nicht weiter reden / was Gefahr und Schaden solchen dadurch angedrohet wird.

§. 20. Schließlich ist gewiß nachdencklich / warum der Schöpffer der gantzen Welt / in allen Theilen der Welt / einerley Metallen geschaffen / welches doch in und bey andern Dingen / und Creaturen nicht geschehen / allermassen in Africa, Asia, und America, viel tausenderley differente Sorten / von Thieren / Vögeln / Fischen / Früchten / Bäumen / und Kräutern gefunden werden / so man in Europa nicht hat.

Dahero ist nicht zu zweiffeln / daß der Allerhöchste GOtt / allen Nationen dadurch zu erkennen geben wollen / daß ihnen obliege zu forschen zu üben / und sich zu erkundigen / wie die Metalla am füglichsten zu erlangen / und diese Wissenschafften eine Nation von der andern zu erlernen / und zu begreiffen habe / und also einen habitum zu Nutzen der gantzen Welt / hierunter durchgehends zu überkommen.

Nun hat unser Vaterland ein ziemliches hierzu contribuiret / und würde auch fürohin dadurch weiter gute Nahrung für seine Einwohner selbst haben können / alleine der bevorstehende Holtzmangel / dürffte nicht wenige / sondern grosse Verhinderungen dabey verursachen / wie dann kluge Leute lang zuvor gesehen / und von sich geschrieben / daß es dem

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/68&oldid=- (Version vom 29.12.2019)