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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Seculis her / darüber Klagen geführt / vielmehr aber ietzo dessen Abgang weit härter verspühret / und durch diesen nicht geringer Schade verursachet wird / Auch ist künfftighin noch weit mehr zu besorgen / dann kein Mensch / ja keine Wirthschafft / sie sey auch so gering / als sie wolle / kan den Gebrauch des Feuers und Holtzes entrathen / derowegen ausser Zweiffel jederman / ja Hohe und Niedere / besorget seyn mögen / wie hierbey Hülffe zuschaffen; sonsten muß das Armuth seufftzen / Noth / Kummer / und Verlust der Nahrung / der Gesundheit / und endlich des Lebens leiden.

§. 5. Es dürffte zwar wohl mancher auf die Meynung gerathen / weil er hin und wieder noch auf denen Gebürgen / unterschiedene Höltzer und Wälder siehet / auch wo ein weiter und offener prospect ist / wohl auf der Ebene und Hügel ein Höltzlein und Wäldlein oder Gebüsche erblicket / es habe deswegen noch lange keine Noth.

Man pfleget auch wohl zusagen und sich mit dem Sprichwort zu trösten: Holtz und Unglück wachse über Nacht; Aber ob es gleich von ferne / oder auch wohl in der Nähe das Ansehen hat / als ob dieser oder jener Wald mit Holtz gnüglich bestanden und bewachsen / oder angeflogen sey / so giebt doch der nähere Augenschein / daß die Bäume gantz eintzeln / und dünne stehen / und wo jetzo 2. 3. Stämme verhanden / derer wohl 10. biß 20. daselbst Platz haben / und diese der Boden gar wohl ertragen und ernehren könte / wordurch denn der Schade / so einem Lande hierdurch geschicht / leicht zuermessen ist / und wenn es müglich wäre auszurechnen / wie hoch die Summa derer Bäume stiege / so man solcher gestalt entbehren muß / so würde es sich auf eine unendliche Zahl belauffen; hingegen wo die behörige cultivirung derer Wälder / wie in theils Ländern geschicht / erfolgete / so würde der Nutzen und Uberfluß an Holtze auch nicht wohl zu beschreiben seyn. Denn der Mensch findet sich nicht mehr in dem Garten Eden / da er die schönsten Bäume und Früchte umsonst gesehen und genossen / zuvor aber keine Arbeit / Mühe / Fleiß und Sorge zu deren Anwachs beytragen dürffen.

Wenn man aber die hiebevor in lauter starcken Gehöltze / und grossen Wäldern bestanden gewesenen Revieren Teutschlandes genauer betrachtet / wird man dagegen vorietzo so viel blössen / abgeholtzte Gebürge / und grosse Stock-Räume auf viel Meilweges lang / finden / daß man sich wundern möchte / wo so eine gewaltige Menge Holtzes / in so weniger Zeit und bey Menschen Gedencken hinkommen seyn müste / und wie bey dem Rest man künfftig in Secula hinein auskommen wolte / zumahl da der wenigste Anflug und Wiederwachs verhanden / und heisset es heutiges Tages nicht mehr / als wie für diesen / da man ob lignorum

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/59&oldid=- (Version vom 9.9.2019)